Ohne greifbare Ergebnisse ist am Donnerstag in Honduras die Vermittlungsmission von fünf lateinamerikanischen Außenministern und weiteren hochrangigen Regierungsvertretern zu Ende gegangen. Anstatt auf die Forderungen der internationalen Delegation nach einer Wiedereinsetzung des rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya in sein Amt einzugehen, sorgte Putschistenpräsident Roberto Micheletti für einen Eklat. »Sie kennen die Wahrheit nicht oder Sie wollen sie nicht kennen«, fuhr er die Mitglieder der Delegation an, die sich im Präsidentenpalast von Tegucigalpa mit dem De-facto-Staatschef versammelt hatten.
Vor laufenden Fernsehkameras nutzte Micheletti fast die Hälfte der gut eine Stunde dauernden Unterredung dazu, sich über die Verurteilung des Staatsstreiches durch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu beklagen. »Jetzt, wo wir die Korruption stoppen, werden wir von euch angeklagt«, behauptete der Diktator. Mehrfach schlugen die Außenminister während der Tiraden Michelettis die Hände über dem Kopf zusammen. Der kanadische Staatsminister im Außenministerium, Peter Kent, wies Michelettis Kritik umgehend zurück: »Ein demokratisch gewählter Politiker – wie auch immer er sich in den letzten Jahren verhalten hat – wurde undemokratisch gestürzt«, erinnerte der Politiker mit Blick auf den Putsch vom 28. Juni, als Zelaya von Militärs aus seiner Residenz geholt und noch im Schlafanzug nach Costa Rica transportiert worden war.
Zelaya, der sich seit seiner überraschenden Rückkehr nach Honduras am 21. September in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa aufhält, hatte bereits zuvor gewarnt, daß die Putschisten nicht zum Nachgeben bereit seien und darauf hingewiesen, daß der Ausnahmezustand noch nicht beendet sei. Zwar habe das Regime am Montag die Aufhebung des entsprechenden Dekretes beschlossen, diese Entscheidung sei aber noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden und damit bislang nicht rechtskräftig. Am Mittwoch war das Militär erneut mit Tränengas gegen mehrere hundert Demonstranten vorgegangen, die eine Rückkehr zur demokratischen Ordnung gefordert hatten.
Zugleich forderte Zelaya, er müsse bis zum 15. Oktober wieder in sein Amt eingesetzt werden, ansonsten könne man die für den 29. November geplante Präsidentschaftswahl nicht durchführen und müsse sie verschieben. Eine Abstimmung unter Kontrolle der Putschisten werde international nicht anerkannt. Durch die Weigerung, dem vom Volk gewählten Präsidenten sein Amt zurückzugeben, verschärfe das Regime die Krise, warnte Zelaya.
Die Lage in der vom honduranischen Militär belagerten Botschaft Brasiliens bleibt unterdessen dramatisch. Wie die brasilianische Tageszeitung »O Estado de São Paulo« unter Berufung auf einen sich im Botschaftsgebäude aufhaltenden Arzt berichtet, besteht bei einem jungen Unterstützer Zelayas der Verdacht auf eine akute Malariaerkrankung. Hingewiesen wurde auch auf die offenbar unerträglichen hygienischen Zustände in der Vertretung. Nahrungslieferungen der UNO würden von den Militärs stundenlang unter der brennenden Sonne aufgehalten, wodurch die Lebensmittel verderben. Außerdem ließ der Bürgermeister von Tegucigalpa, Ricardo Alvarez, die Müllabfuhr an der brasilianischen Vertretung einstellen, wodurch sich Abfallberge gebildet hätten. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza forderte deshalb die Putschisten auf, Zelaya und seine Begleiter bei freiem Geleit an einen anderen Ort umziehen zu lassen.
Quelle: Junge Welt (9.10.09)
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