Am 04. Dezember 2010 beteiligte sich die SDAJ Trier an einer Demonstration gegen Nazis. Anlässlich des 60. Todestages Hans Eidens wurde im Anschluss dem antifaschistischen Widerstandskämpfer und KPD-Landtagsabgeordneten aus Trier gedacht.
Hier dokumentieren wir das Flugblatt der SDAJ Trier:
Nicht erst seit der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren hat sich das Unbehagen an der und die Unzufriedenheit mit der kapitalistisch verfassten Gesellschaft unter der Bevölkerung verstärkt. Die bürgerlichen Parteien verlieren immer weiter an Rückhalt, die Wahlbeteiligung sinkt stetig, das Vertrauen darauf, dass dieses politische System die sich massiv verschärfenden Probleme, die zunehmende Spaltung zwischen Arm und Reich noch zu lösen imstande ist, befindet sich im freien Fall.
In dieses entstehende Vakuum versuchen die Faschisten immer weiter einzudringen. Offensichtlich mit Erfolg. In ganz Europa verzeichnen faschistische Parteien und Organisationen Wahlerfolge und regen Zulauf. Auch in der Bundesrepublik Deutschland verschieben sich die Koordinaten der politischen Debatte und Bewusstseinslage unübersehbar nach rechts. Deutliche Signale dieser Art sind die breite, großenteils zustimmende Debatte um die Äußerungen des SPD-Mitglieds Thilo Sarrazin, die Gründung der rechtspopulistischen „Partei der Freiheit“ und nicht zuletzt die Wahlerfolge von „ProKöln“ und „ProNRW“; also die in diesem Zusammenhang zunehmend feststellbare rassistische Islamophobie, die in den Blättern des Axel-Springer-Verlages ihr Sprachrohr erhält.
Die originär faschistischen Organisationen wollen da nicht abseits stehen und bündeln ihre Kräfte. Die Vereinigung von NPD und DVU ist vermutlich nur noch Formsache und würde das faschistische Potential stärken. Der übliche Rassismus verknüpft sich hier mit sozialer Demagogie. Der vorgebliche Antikapitalismus von NPD und DVU erfüllt dabei einen ganz bestimmten Zweck. Er greift die bestehende Unzufriedenheit am Kapitalismus auf und kanalisiert sie in Richtung eines Feindbildes, um von den wahren Ursachen der Misere abzulenken. Zu diesem Feindbild gehören seit jeher Migranten und die organisierte Arbeiterbewegung, aber eben auch „der gierige Broker von der Wallstreet“, womit die klassischen antisemitischen Stereotype der NSDAP aufgegriffen werden.
Der Kapitalismusbegriff der Faschisten jedoch ist nicht nur ein verkürzter und falscher, sondern bezweckt das Gegenteil dessen was er vorgibt. Indem er sich der Einsicht in den zentralen gesellschaftlichen Widerspruch im Kapitalismus, nämlich dem zwischen Kapital und Arbeit, verweigert, stattdessen von „Volksgemeinschaft“ schwadroniert, die durch anonyme Kräfte bedroht werde, bestätigt er die herrschende Ordnung, zumindest aber ihre Geschäftsgrundlage.
Damit kommt den faschistischen Organisationen die Funktion zu, eine berechtigte Unzufriedenheit und ein Protestpotential aufzufangen bzw. umzuleiten. Und dies heißt immer eine Umleitung im Interesse des Bestehenden. So kritisch und radikal auch immer der Gestus der Faschisten sein mag, das Ergebnis ist notwendig reaktionär. Eben das ist der Sinn und die Bedeutung der sozialen Demagogie.
Anfällig für diese Demagogie sind im Angesicht eines maroden Bildungssystems insbesondere auch Jugendliche, deren berechtigte Kritik an den Verhältnissen dadurch leicht in braunes Fahrwasser abdriften kann. Die rege Aktivität der „Autonomen Nationalisten“ legt Zeugnis davon ab. Und auch einen weiteren Auftrag im Dienste des Kapitals erfüllen die Faschisten in blutiger Regelmäßigkeit. Es ist dies die terroristische Einschüchterungs- und Hilfspolizeifunktion gegenüber demokratischen Bewegungen. Wer es in Trier bis dahin nicht wusste, der konnte es im vergangenen Jahr erfahren. Der heim-tückische Angriff auf drei Antifaschisten spricht Bände. Verantwortlich zeichnet die Trierer NPD und ihr Dunstkreis, der sich bis hinein in die „Junge Union“ erstreckt.
Ihre Politik vor Ort ist die übliche rassistische Sozialdemagogie. Als Mitglied des Stadtrats geriert sich Safet Babic, Kreisvorsitzender der NPD Trier, als „Anwalt des kleinen Mannes“ und beruft sich, wenn er seine „antikapitalistische“ Haltung besonders hervorkehren möchte auch schon mal auf Mao Tse-Tung.
Fassen wir zusammen: Die Faschisten vor Ort, wie auch bundesweit, greifen zu altbekannten Mitteln, die auch schon seinerzeit die NSDAP angewandt hat: soziale Demagogie und Terror.
Ihre Kapitalismuskritik stützt in Wirklichkeit den Kapitalismus. Völlig falsch wäre es daher, den Faschismus als ein randständiges Phänomen mit geringer Anziehungskraft zu ignorieren. Er muss entschlossen bekämpft werden. Dieser Kampf muss sich der Aufklärung um die wahren Inhalte der faschistischen Ideologie widmen und darf ihren Anhängern keinen Fußbreit gewähren. Das kann nur mit einem breiten antifaschistischen Bündnis, das sich der dargestellten Zusammenhänge auch bewusst ist, gelingen.
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