Ein Schüleraufstand läutete das Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika ein. Im Juni 1976 gingen die Schüler von Soweto (South Western Township), der größten Schwarzen-Siedlung des Landes nahe Johannesburg, auf die Straße und wurden von der weißen Polizei zusammengeschossen. In den folgenden Unruhen starben mehr als 500 Menschen, aber auch die Illusion, eine weiße Oberschicht könne dauerhaft mit Gewalt über die Mehrheit herrschen.
Anlass für den Protest war die verpflichtende Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache – der Sprache der Buren, der Siedler aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Aus dieser Sprache stammt das Wort Apartheid, das die offizielle rassistische Politik der von 1948 bis 1994 regierenden Nationalen Partei beschreibt. „Apart“ bedeutet „getrennt“. Der Wahn von der Rassenreinheit, mit dem Sieg über den Nazi-Faschismus in Europa gerade besiegt, lebte in Südafrika weiter.
Rechte nur für Weiße
Obwohl die überwältigende Mehrheit schwarz war, wollte die Regierung ein Land für die weißen Farmer und Industriellen sichern – mit billigen schwarzen Arbeitskräften. Die Bevölkerung wurde unterteilt in Weiße, Schwarze, Asiaten und Farbige mit jeweils eigenen Wohngebieten und eigener Verwaltung, beispielsweise Schulen und Gesundheitsdiensten, die nur für Weiße gut ausgebaut waren, weil die Steuern der Weißen nur zum Nutzen der Weißen verwendet werden durften. Der schwarzen Mehrheit wurden Bürgerrechte verweigert, sie wurde in „Townships“ und später auch ländlichen Stammesgebieten namens „Homelands“ gettoisiert. Es gab sogar Gesetze gegen Sex zwischen Angehörigen verschiedener „Rassen“.
Radikaler Außenposten des Imperialismus
Obwohl sich die Kolonialmacht Großbritannien zurückgezogen hatte, setzte die Apartheid die koloniale Herrschaft der Weißen fort – das Regime unterstützte auch andere rassistische Regierungen beispielsweise in Rhodesien (heute Zimbabwe), besetzte das benachbarte Namibia (eine frühere deutsche Kolonie) und hielt dort die weiße Herrschaft aufrecht, griff direkt in die Bürgerkriege anderer Länder im südlichen Afrika wie Angola oder Mosambik ein, um die dortigen Befreiungsbewegungen zu bekämpfen. So wurde Südafrika zum radikalen Außenposten des Imperialismus, während der anderswo in Afrika und Asien sich zumindest von seiner direkten Herrschaft zurückziehen musste, viele Länder sogar einen sozialistischen Entwicklungsweg wählten.
Kräfte des Widerstands
Die wichtigste Kraft des Widerstands war der heute regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC), in den 50er Jahren radikalisiert von der Jugend um Nelson Mandela, der später den bewaffneten Flügel Umkontho we Sizwe (Zulu für „Speer der Nation“) führte und dann 27 Jahre in Haft saß.
Die Südafrikanische Kommunistische Partei, die ursprünglich vor allem von der weißen Arbeiterklasse getragen wurde, machte sich um antirassistische Bündnisse verdient. Zentral war der Volkskongress von 1955, in dem sich Bewegungen der vier von der Apartheid getrennten Volksgruppen zusammenfanden und eine gemeinsame Freiheitscharta (mit dem Ziel „freedom in our lifetime“, Freiheit zu unserer Lebenszeit) beschlossen – die Grundlage für einen jahrzehntelangen Kampf um gleiche Rechte für alle, für ein gemeinsames Leben ohne Rassenschranken.
Internationale Solidarität
Der Widerstand gegen die Apartheid strahlte auf andere Entwicklungsländer aus. „Im Namen der rassischen Überlegenheit bleibt Mord ungesühnt. Können die Vereinten Nationen nichts tun, um das zu stoppen?“ rief Che Guevara 1964 in seiner Rede als Vertreter Kubas vor der Uno-Vollversammlung aus. Damals blockierten die USA noch jeden Beschluss gegen Südafrika.
Die sozialistischen Staaten halfen entscheidend dem ANC und den mit ihm verbundenen Bewegungen. Auch die internationale Solidaritätsbewegung in kapitalistischen Ländern erhöhte gerade in den 80er Jahren den Druck auf die weißen Herren. Die SDAJ spendete dem ANC beispielsweise einen Radiosender namens Radio Nelson Mandela – die Spendensammlung dafür wurde auch zur politischen Aufklärung in der BRD genutzt. Der Boykott südafrikanischer Waren zeigte Wirkung, auch Uno-Gremien schlossen sich nach und nach an.
Das Ende der Apartheid
Am Ende scheiterte das Apartheid-Regime sowohl am äußeren Widerstand als auch an seinem inneren Niedergang. Es wurde immer kostspieliger, das ganze System der Rassentrennung, polizeilicher und militärischer Unterdrückung aufrecht zu erhalten. Auch in der weißen Bevölkerung wendeten sich immer mehr gegen die Apartheid.
Das Regime war gegenüber dem Ausland überschuldet, zugleich durch den Boykott zermürbt (obwohl gerade deutsche Konzerne weiter enge Beziehungen nach Südafrika pflegten). Zugleich nahm der Zusammenbruch der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten den westlichen Schutzmächten die Angst, ein Ende der Apartheid würde direkt in eine sozialistische Revolution münden und ihnen den Zugriff auf afrikanische Rohstoffe nehmen. Sie ließen ihre Apartheid-Freunde fallen.
In dieser Situation entschloss sich die Regierung unter Frederik Willem de Klerk zu Verhandlungen mit dem ANC unter Mandela. 1994 entstand ein neues Südafrika ohne Apartheid-Gesetze, aus den ersten Wahlen ging der ANC in seinem traditionellen Bündnis mit der Kommunistischen Partei und dem Gewerkschaftsbund Cosatu als klarer Sieger hervor, Mandela wurde Präsident.