Interview: Auch nach der Aufhebung des Verbots kämpft der KSM gegen den Antikommunismus. Radim Gonda ist im Zentralrat des KSM verantwortlich für Internationales.
POSITION: Vor vier Jahren wurde die KSM nach einer antikommunistischen Propagandakampagne verboten. Wie ist eure Situation heute?
Radim: Unsere Organisation wurde 2006 verboten. Wir haben sofort damit begonnen, den Kampf dafür zu führen, dass unser Verband seinen legalen Status wiedergewinnt. Es gab eine große internationale Solidaritätskampagne – auch unsere Genossen von der SDAJ waren daran beteiligt. Wir sind sehr dankbar dafür, dass ihr uns in dieser schwierigen Zeit unterstützt habt. Wir haben nach dem Verbot mehrere Prozesse geführt, und das entscheidende Urteil wurde dann im Januar 2010 gefällt. Mit diesem letzten Prozess konnten wir uns gegen das Innenministerium durchsetzen, dass uns in die Illegalität gedrängt hatte. Im März 2010 konnten wir unseren 9. Außerordentlichen Kongress für die Legalisierung durchführen. So fingen wir an, unsere Organisation wiederaufzubauen.
POSITION: Konntet ihr denn in der Zeit des Verbots aktiv sein?
Radim: Das war sehr schwierig. Alle öffentlichen Aktivitäten waren fast unmöglich. Wir konnten nicht mit unseren Öffentlichkeitsmaterialien oder Fahnen auf der Straße auftreten – und wenn wir es doch getan haben, dann hat die Polizei unsere Sachen beschlagnahmt und hat unsere Mitglieder festgenommen und verhört.
POSITION: Nicht nur in Tschechien verschärft sich der Antikommunismus…
Radim: Das Verbot des KSM war natürlich kein isoliertes Ereignis. In Ungarn zum Beispiel ist es seit 1994 verboten, kommunistische Symbole zu zeigen. Auch in Polen wurde 2010 so ein Verbot eingeführt. In zwei der drei baltischen Staaten ist die kommunistische Partei verboten. Also, nicht nur in der tschechischen Republik haben wir es mit einem starken und aggressiven Antikommunismus zu tun. Und was sehr wichtig ist: Der Antikommunismus wird auch auf europäischer Ebene durchgesetzt, nicht nur in den Nationalstaaten. Es gab verschiedene Anläufe, um antikommunistische Beschlüsse in den EU-Institutionen durchzusetzen. Solche Beschlüsse sind die legale Basis, um antikommunistische Angriffe in den einzelnen Ländern durchzusetzen.
POSITION: Und gleichzeitig werden auch bei euch faschistische Kräfte immer stärker.
Radim: Ja, in Tschechien ist die Situation ganz ähnlich wie in Deutschland. In den letzten Jahren haben die Faschisten eine eigene politische Partei aufgebaut, die sogenannte Arbeiterpartei. Sie richten ihre Propaganda verstärkt an die arbeitenden Menschen. Zum Beispiel erklären sie, dass „Zigeuner“ Parasiten seien, usw. Die Nazis in Tschechien profitieren von den sozialen Problemen, die vom kapitalistischen System nicht gelöst werden – das ist genauso wie in Deutschland.
Das Interview führte
Tom, München
Dieses Interview erschien in POSITION – Magazin der SDAJ #1/2011.
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