Spardiktat für die Party

veröffentlicht am: 13 Okt, 2011

Europaratspräsident Herman van Rompuy (Foto: ©European Parliament/Pietro Naj-Oleari)

Für Montag, den 11. Juli, berief EU-Ratspräsident Herman van Rompuy in Brüssel eine Krisensitzung ein. Anlaß war das Abrutschen Italiens an den sogenannten Finanzmärkten, d. h. dem Verbund von international agierenden Finanzhäusern, Banken und Hedgefonds. Das Handelsblatt erläuterte am selben Tag unter dem Titel „Schuldenkrise erreicht Kerneuropa“, Italien leihe sich schon seit zwei Jahren mehr Kapital im Ausland als es für Investitionen in die Erweiterung der Produktionskapazitäten ausgebe. Das sei genau der Weg, der Griechenland und Portugal in die Staatspleite geführt habe.

Die Zeitung zitierte den Volkswirt Lüder Gerken, Vorstandschef des Freiburger Centrums für Europäische Politik (CEP): „Wenn sich in Italien nicht schnell etwas tut, gleitet das Land bereits 2011 in die unterste Risikokategorie ab, in der sich Griechenland, Portugal, Zypern und Malta befinden.“ Die Welt berichtete gleichzeitig von Überlegungen, den Umfang des „Rettungsschirms“ für Euro-Krisenländer auf 1,5 Billionen Euro zu verdoppeln.

Die Sache war der Kanzlerin so wichtig, daß sie kurz vor dem Aufbruch zu ihrer Afrikareise noch Stellung nahm. Einziges Ziel: Fakten verdrehen, Schönfärben und hinterm gluckenhaft besorgtem Reden vom „Sparen“ vor allem eins verbergen: Laßt die Spekulanten in Ruhe. Das hörte sich dann so an: Es sei zunächst an Italien, einen auf Sparsamkeit ausgelegten Haushalt zu verabschieden. Im übrigen seien alle Euro-Länder „fest entschlossen“, die Stabilität des Euro zu verteidigen. Dafür gebe es mit dem neuen permanenten Rettungsschirm bereits das entsprechende Instrument. Mit Blick auf die Griechenland-Probleme fügte Merkel hinzu, hier gehe es darum, „in sehr, sehr kurzer Frist“ ein neues Hilfsprogramm aufzulegen. Insgesamt sei festzuhalten: „Der Euro an sich ist stabil, aber wir haben in einigen Ländern ein Schuldenproblem.“

Das Statement war zwar in sich nicht ganz stimmig – warum muß der Euro verteidigt werden, wenn er „an sich“ stabil ist? –, signalisierte aber: Die deutsche EU-Vormacht nimmt nicht die geringste Korrektur an ihrer Politik vor – Dumpinglöhne im Innern, nach außen „Spardiktate“. Die Begleitmusik chauvinistisch wie vor 100 Jahren: Die „Party am Mittelmeer“ muß beendet werden (der Ökonom Hans-Werner Sinn laut Handelsblatt).

Tatsächlich geht es allein darum, daß die Party der Finanzindustrie weitergehen kann. Für diejenigen, die an ihr teilnehmen, ist sie erste Voraussetzung, damit der gegenwärtige Kapitalismus überhaupt so etwas wie Wachstum hervorbringt. Motto: Spart bei den Habenichtsen, damit sich die „Leistungsträger“ Porsche kaufen können. Die Bundesrepublik entwickelt sich zu einer der stärksten Stützen der internationalen Spekulantenmafia. Das Angebot der Kanzlerin an Italien ist eines, das dort nicht abgelehnt werden kann.

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