Rückblick auf die Proteste gegen die Nato-Sicherheitskonferenz 2012

veröffentlicht am: 6 Feb, 2012

Am Wochenende fand wie jedes Jahr die sogenannte NATO-Sicherheitskonferenz im Bayerischen Hof statt. Seit Jahrzehnten treffen sich hier informell VertreterInnen der Mitgliedsstaaten des nordatlantischen Kriegsbündnisses und VertreterInnen der westlichen Politik und Rüstungskonzernen. Der Name »Sicherheitskonferenz« soll über den eigentlichen Sinn und Charakter dieser Konferenz hinwegtäuschen. Anfangs nannte sich die Zusammenkunft noch offen »Wehrkundetagung«, was der Veranstaltung auch heute noch angemessener wäre. Kamen damals noch viele ehemalige Wehrmachtsgrößen zusammen, so ist es heute die Spitze der imperialistischen Aggressoren und KriegstreiberInnen aus aller Welt.

(Foto: © Camera in Conflict)

Unter dem scheinheiligen Motto »Für eine sichere Welt im 21. Jahrhundert« wurde dieses Jahr getagt. Dabei reden sie vom Frieden und führen in Wirklichkeit Krieg. Ausrichter der Konferenz ist Herr Ischinger, welcher vor ein paar Jahren von sich reden machte, als er schon lediglich die Existenz der Gegendemonstrantion monierte und feststellte, dass dies die Schattenseite einer Demokratie sei, in einer Diktatur müsse er sich diese kritischen Stimmen gegen sein KriegstreiberInnen-Treffen nicht gefallen lassen. »Wolf im Schafspelz« wird er zurecht von vielen FriedensaktivistInnen genannt.

Themenschwerpunkte der diesjährigen Zusammenkunft waren neben möglichen militärischen Interventionen gegen die Regime in Syrien und Iran auch die neuen Großmachtsambitionen Deutschlands. Bei der Hauptdiskussionsrunde »Deutschlands Rolle in Europa und der Welt« beteiligten sich der Deutsche Kriegsminister Thomas de Maizière, SPD-Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier, der Weltbankchef Robert B. Zoellik und der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. Eine gruselige Runde mit scheinheiligen Argumenten. Deutschland müsse seine Rolle wieder stärker wahrnehmen, denn aus ökonomischer Größe entstünde sicherheitspolitische Verantwortung.

Dabei wird hier der dritte Anlauf unternommen um Deutschlands Größe in Europa und der Welt auszuweiten. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl sagte nach der Annexion der DDR: „Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen. Es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und soll diese ausweiten.“, der damalige Bundesaußenminister Klaus Kinkel ergänzte wenig später: „Zwei Aufgaben gilt es parallel zu meistern: Im Inneren müssen wir wieder zu einem Volk werden, nach außen gilt es etwas zu vollbringen, woran wir zwei Mal gescheitert sind.“ Damit stellt sich die deutsche Außenpolitik seit 1990 in eine altbekannte Tradition, die zwei Weltkriege hervorbrachte. Makaber dabei, dass sich auch hier die polnische Regierung nicht zu schade war, das Deutschen Kapital zu hofieren, obwohl doch gerade Polen blutig erleben musste wohin es führt, wenn Deutschlands Führungskraft sich in Europa ausbreitet.

Mit den weiteren Diskussionen wurde Stimmung für Kriege in sogenannten »Krisenherden« gemacht, dabei stehen zur Zeit vor allem Iran und Syrien im Fokus, weshalb die Friedensbewegung in Zukunft verstärkt mit Solidaritäts-Aktionen aktiv werden muss.

Wie auch die letzten Jahre wurden vom »Münchner Aktionsbündnis gegen die Nato- Sicherheitskonferenz« Protestaktionen organisiert. Über hundert Organisationen wehrten sich gegen das Säbelrasseln der KriegstreiberInnen. Das Protestwochenende begann am Freitag mit dem lebensgroßen und satirischen Monopoly auf dem Marienplatz. Das Motto war „Würfeln um die -1- Welt“. Vier KapitalistInnen spielten um den größten Profit. Eine Woche vorher jubelten als Generäle verkleidete Jugendliche satirisch dem nächsten Krieg zu.

Trotz massiver Kriegshetze der bürgerlichen Medien und Parteien, sowie gezielter Sabotageaufrufe gegen das Bündnis durch radikal-bürgerliche Kräfte, sogenannten Antideutschen, die sich in autonomen Kreisen, aber auch in Teilen der Linkspartei und der grünen Jugend tummeln, fanden sich rund 4000 KriegsgegenerInnen bei -15°C in der Innenstadt zusammen. Der Versuch der Antideutschen, auch innerhalb der Friedensbewegung Krieg wieder salonfähig zu machen, scheiterte. Ein zu belächelndes Grüppchen von nicht einmal zehn Personen versuchte dennoch am Rande der Demonstration zu provozieren. Mit dem Slogan „den Iran in seine Schranken weisen“ und je einer Israel und USA Fahne ausgerüstet, versuchten sie Unruhe auf einer friedlichen Demonstration zu stiften. Die DemonstrationsteilnehmerInnen ignorierten diesen Versuch jedoch gelassen.

Zusammen mit zahlreichen Gewerkschaftsjugenden, Studierendengruppierungen, Mitgrantenorganisationen, unterstützenden Jugendorganisationen aus Italien, Ungarn, Großbritannien, Österreich und Tschechien sowie weiteren antiimperilistischen Kräften, stellten wir als SDAJ im ersten Teil der Demonstration den »internationalistischen Jugendblock«.

Die Vorbereitung darauf, Deutschland wieder als Hegemonialmacht zu etablieren, spürt die Jugend in besonderem Maße. Denn der Imperialismus schafft es nicht nur Staaten wie Griechenland in den aktuellen Krisenentwicklungen durch die Europäische Union und deren Diktat kaputtzusparen, sondern zeigt durch Kriegseinsätze weltweit ganz unverblümt, dass man für wirtschaftliche und machtpolitische Interessen über Leichen geht. Dazu braucht man ein einsatzfähiges und gut ausgestattetes Heer, wie beispielsweise die Bundeswehr, die durch die Bundeswehrreform zu einem solchen werden soll. Entgegen Abrüstungspropaganda, bedeutet diese Reform eben nicht ein Abbau, sondern lediglich einen Umbau der Bundeswehr. Die landsichernden Teile werden abgebaut, um die angreifenden Teile aufzustocken und besser auszurüsten. Teil dieser Reform, die die Bundeswehr schlanker und einsatzfähiger machen soll, war auch die Aussetzung der Wehrpflicht. Diese ist erst einmal ein Schritt in die richtige Richtung, weil sich der Einflussbereich der Bundeswehr damit verkleinert. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass die Bundeswehr dazu gezwungen ist ihren Einfluss auf die Gesellschaft zu vergrößern – und was das angeht ist sie fleißig.

Sie macht sich Ausbildungsplatzmangel, fehlende Übernahme, Studiengebühren und fehlende Perspektive zu nutze, um neues Kanonenfutter anzuwerben. Kreiswehrersatzämter werden zu Werbeagenturen umgebaut.Trotz des immer weiter eskalierenden Kriegs in Afghanistan, in dem schon dutzende deutsche SoldatInnen ums leben kamen, werben sie mit dem zynischen Versprechen, sie biete Jobs mit Zukunft. Der Staat als Spielball des Imperialismus gewährte durch die Kooperationsverträge der Bundeswehr Einzug in unsere Klassenzimmer. Jugendoffiziere, ausgegeben als Experten für Sicherheitsfragen, rhetorische geschult, werben für den Abenteuereinsatz an dessen Ende Traumatisierung und Tod auf uns warten. So werden Jugendoffiziere zur indirekten Werbemaßnahme für das Sterben. Mit Informationsständen an Schulen, Unis, Jobcentern oder Marktplätzen, macht sich die Bundeswehr die soziale Unsicherheit, die unsere Gesellschaftsform mit sich bringt, zu nutze, um Jugendliche für Kapitalinteressen in den Krieg zu schicken.

(Foto: © Camera in Conflict)

Mit der Reform der Bundeswehr findet auch ein Umbau einer formalen Verteidigungskraft hin zu einer starken Interventionsarmee statt. Damit kann Krieg noch effektiver geführt werden. Die verfassungswidrigen Angriffskriege zeigen die Aggressivität des Imperialismus auf. Auch im eigenen Land ist der Umbau der Bundeswehr seit Jahren zu spüren. Ob die ebenfalls -2- verfassungswidrigen Einsätze der Armee im Inneren, die verstärkte Zusammenarbeit mit Technischem Hilfswerk und Polizei oder das Üben von Streikbrüchen durch bewaffnete Kräfte.

Bewaffnete Kräfte, allen voran die vermummten Truppen der bayerischen Polizei, waren auch zur Einschränkung der Meinungsfreiheit wieder engagiert dabei. So kam es immer wieder zu Provokationen seitens der »Ordnungshüter«, welche sich einen Spaß daraus machten einzelne DemonstrantInnen zu schikanieren und den Demozug regelmäßig minutenlang aufzuhalten. Die daraus resultierende Unordnung wurde von den »Ordnungshütern« auf die Spitze getrieben, als die Polizei ohne Angabe von Gründen mit dreifachen Reihen neben der Demonstration lief und damit den Bereich der Demo beschränkte. Pervertiert wurde das Verhalten der Polizei, als sie versuchte einzelne Transparente zu entfernen, weil diese nicht im richtigen Winkel zur Demonstrationsrichtung getragen wurden. Das Verbot von seitlich getragenen Transparenten ist ein bewusster Schritt um uns die Möglichkeit unsere Inhalte an PassantInnen und Umstehende zu tragen, zu verwehren.

Trotz einzelner weniger Festnahmen war die Stimmung der TeilnehmerInnen fröhlich, die Demonstration bunt und die Proteste sehr erfolgreich.

Mit der strategischen Neuorientierung auf der diesjährigigen »Sicherheitskonferenz« zugunsten des deutschen Diktats über Europa steht die Konferenz im nächsten Jahr voraussichtlich noch mehr im Mittelpunkt internationaler Politik. Unsere Antwort darauf sind nächstes Jahr noch größere und konsequentere Aktionen. Wir kämpfen weiter für eine friedliche Welt.

Lucas Baumgartner, SDAJ München

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