Zum 60. Jahrestag der Ermordung von Philipp Müller organisiert das Philipp-Müller-Bündnis in Essen eine Kranzniederlegung und eine Demonstration, das Essener Jugendbündnis veranstaltet ein Konzert. In beiden Bündnissen arbeitet auch die SDAJ Essen mit. Wir dokumentieren hier den Demo-Aufruf des Philipp-Müller-Bündnisses:
Vor 60 Jahren, am 11. Mai 1952, kamen 30.000 junge Menschen aus der ganzen Bundesrepublik in Essen zu einer Jugendkarawane zusammen. Die Jugendkarawane war eine gemeinsame Initiative von Jugendverbänden verschiedener politischer Richtungen. Sie demonstrierten gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands.
Nur 7 Jahre nach dem Ende des Faschismus waren ihnen die Schrecken des Krieges mehr als bewusst. Sie alle hatten den Krieg selbst erlebt, hatten Angehörige, Freunde und ihr zu Hause verloren.
Regierungsbehörden verboten die Friedensdemonstration unter fadenscheinigen Gründen nur wenige Stunden vor Beginn, die Jugendlichen waren schon nach Essen unterwegs. Gegen sie wurde mit einem riesigen Polizeiaufgebot und dem Einsatz von Waffengewalt vorgegangen. Polizisten erschossen den 21jährigen Kommunisten Philipp Müller, einen Arbeiter aus München. Er war das erste Todesopfer des kalten Krieges in Deutschland.
Dutzende weitere Menschen wurden an diesem Tag, der als Essener Blutsonntag in die Geschichte einging, verletzt zwei von ihnen erlitten schwere Schussverletzungen.
Die Medien stellten sich sofort an die Seite von Polizei und Regierung, die Demonstranten hätten zuerst geschossen, die Polizei habe in Notwehr gehandelt. Dagegen sprachen zahlreiche Zeugenaussagen, doch die Mörder Phillip Müllers wurden niemals angeklagt. 11 Demonstranten wurden hingegen zu insgesamt 6 Jahren und 4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Wogegen Philipp Müller demonstriert hat ist heute traurige Realität: Wir erleben, dass Deutschland wieder als imperiale Großmacht auftritt. Die Bundeswehr war beteiligt an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien und sie führt seit 10 Jahren Krieg in Afghanistan.
1,5 Millionen Tote allein im Irak, eine traumatisierte Bevölkerung, eine weitgehend zerstörte Infrastruktur und zerfallende Staaten: von Afghanistan bis Libyen sind dies die Ergebnisse der Kriege, die von USA und NATO geführt wurden, um andere Länder beherrschen und ausbeuten zu können. Iran Syrien, Somalia oder Sudan – wer ist als nächstes dran?
Das Deutschland beim Kriegstreiben in aller Welt mit von der Partie ist, zeigt die Kontinuität des deutschen Militarismus. Der Rüstungsetat der Bundesrepublik beträgt 2012 31,7 Mrd. € und ist damit der zweitgrößte Posten bei den Ausgaben der Bundesregierung.
Deutsche Rüstungsfirmen wie ThyssenKrupp, EADS, Heckler & Koch und Krauss Maffei verkauften 2011 Waffen und Kriegsgerät für 2,1 Milliarden € ins Ausland – 50 % mehr als 2010. Deutschland ist zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt aufgestiegen und heizt damit weltweit Krisen und Kriege an.
Militarisierung der Gesellschaft bedeutet neben Krieg und Aggression nach Außen auch Repression nach Innen. Das zeigt sich bei dem brutalen Vorgehen der Polizei gegen die Teilnehmer der Demonstration gegen die so genannte NATO „Sicherheitskonferenz“ die alljährlich in München stattfindet. Das zeigt sich bei der Kriminalisierung von AntifaschistInnen in Dortmund und Dresden und dem gewalttätigen Einsatz der Polizei gegen die Gegner von Stuttgart 21, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Die Militarisierung der Gesellschaft geht aber noch weiter:
Die Bundeswehr hat Büros in den Arbeitsagenturen und JobCentern, wo sie Erwerbslose als Kanonenfutter für weitere Kriegsabenteuer in aller Welt anwirbt.
Auch unsere Schulen sind vor dem Militär nicht sicher:
Längst ist es Alltag geworden, dass die Bundeswehr sich nicht nur auf Jugend- und Jobmessen, sondern auch in den Klassenzimmern als bombensicherer Arbeitgeber mit Zukunft zur Schau stellt. Was die Offiziere bei ihren Vorträgen lieber nicht erwähnen ist Tod, Zerstörung und Trauma als Berufsbeschreibung.
Die Jugendkarawane von 1952 wollte ein entmilitarisiertes Deutschland und damit die Lehren aus zwei Weltkriegen ziehen. Nie wieder Krieg – dieses Anliegen Philipp Müllers ist heute hochaktuell.
- Kommt zur Gedenkdemonstration für Philipp Müller am 12.5.2012
- Kommt zu Kranzniederlegung und Konzert am 11.5.2012
- Wir fordern die Umbenennung der Rüttenscheider Brücke in Philipp Müller Brücke.
- Schluss mit dem Kriegstreiben gegen den Iran!
- Sofortiger Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan!
- Abzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland!
- Bundeswehr raus aus Arbeitsämtern und Klassenzimmern
- Uneingeschränktes Versammlungs– und Demonstrationsrecht auf antifaschistischer Grundlage!