Nachbarschaftsliebe die Basis der kubanischen Demokratie

veröffentlicht am: 27 Juli, 2013
Das erste Wandbild nimmt Form an

Das erste Wandbild nimmt Form an

Nach einem anstrengenden Nachmittag, den wir mit schrubben, malen und übersetzen verbracht haben, ging es am Abend zu einem Nachbarschaftsfest in unserem Wahlbezirk. Dort haben wir bei Anisschnaps und Sahnetorte gemeinsam mit den Bewohnern in den 26. Juli rein gefeiert, dem Jahrestag des Sturmes auf die Moncada-Kaserne, der sich heute zum 50. Mal jährt. Der 26. Juli ist für die kubanische Bevölkerung ein historischer Tag. Vor dem 26. Juli 1953 ist die Stimmung auf Kuba sehr angespannt. Während US-Amerikanische Konzern- und Bankenbosse ihre Freizeit in kubanischen Casinos und Betten verbringen, muss der Großteil der kubanischen Bevölkerung hungern, kann nicht lesen und hat nur eine niedrige Lebenserwartung. Diese Unzufriedenheit der Menschen ist es, die Fidel und Raúl Castro, sowie weitere junge KubanerInnen am 26. Juli 1953 zu dem Sturm auf die Moncada-Kasernen bewegt hat. Militärisch scheitert ihr Aufstand zwar, aber politisch siegt er und wird heute als Startpunkt der kubanischen Revolution gefeiert.

Auf dem Nachbarschaftsfest werden wir von Julian, dem Leiter des Netzwerks zu den „Los Cinco“ begrüßt und allen vorgestellt. Es ist schon dunkel und nach 22 Uhr. Wir stehen auf einem Hof inmitten eines Wohnblockes. Auf den zwei Feuerstellen kocht bereits in zwei großen Töpfen unser gemeinsames Abendessen, die Caldoza. Die Bewohner des Wohnblockes haben sich sehr schick gemacht. Die Frauen tragen schöne, bunte Kleider. Es läuft kubanische Salsa. Sie bewegen sich geschmeidig zur Musik, während sie uns mustern. Überall auf den Balkonen stehen Menschen und schauen zu uns herunter. Die Kinder des Wohnblocks haben eine kleine Show für uns vorbereitet. Wir bedanken uns bei ihnen mit einer improvisierten Gesangseinlage und singen ein deutsches Arbeiterlied. Die Stimmung wirGruppenbildd lockerer und alle freuen sich auf die Caldoza. Die Caldoza ist ein Gemüseeintopf, der in einem riesigen Topf zubereitet wird. Er ist das traditionelle Gericht der KubanerInnen für große Feste und Zusammenkünfte der CDRs. Während wir in der Schlange für die Caldoza anstehen, laufen Frauen und Männer mit Torten an uns vorbei, die sie neben uns auf einem Tisch aufbauen. Es wird Schnaps ausgeschenkt. Eine ältere Kubanerin und ein jüngerer Kubaner machen eine Tanzeinlage, die zu allgemeiner Erheiterung führt als plötzlich Gangam-Style aufgelegt wird.

Die Feier findet in einer Wahlzone statt, die aus zehn CDRs besteht. Ein CDR ist ein Komitee zur Verteidigung der Revolution, dass sich aus jeweils 50 Einwohnern zusammensetzt. Die CDRs wurden am 28. September 1961 gegründet. Fidel hielt an diesem Tag eine Rede vor einer großen Menschenmenge in Havanna. Während seiner Rede zündeten mehrere kubanische Konterrevolutionäre Bomben inmitten der Menschenmenge. Als Reaktion auf diese Bombenanschläge entschied sich die Bevölkerung dafür selbstorganisierte Komitees aufzubauen, die terroristische Aktionen seitens konterrevolutionärer Kräfte schnell zurückschlagen können. Heute gibt es sie in jedem Wohnblock. In diesen Komitees können sich die Nachbarn untereinander austauschen, ihre Sorgen und Nöte diskutieren und Verbesserungsvorschläge für ihre Wohnblöcke mit anderen CDRs in den Sitzungen ihrer Wahlzone diskutieren. Der Austausch ist wichtig, denn Nachbarn spielen im kubanischen Sozialismus eine große Rolle. Die Nachbarschaftsstrukturen bilden die Basis der sozialistischen Demokratie auf Kuba.

Seta, Havanna (Cuba)

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