Der letzte Tag beginnt. Viele von uns haben zu wenig geschlafen, stattdessen noch bis spät in die Nacht ausgenutzt, dass man auf dieser Insel keinen Kater kriegt. Andere haben zu wenig geschlafen, weil sie von den Ersteren durch lautstarken Gesang wachgehalten wurden. Auch wenn sich nun alle verschlafen aus dem Bett quälen, freut sich jeder im Flugzeug einen Teil des 9:35-stündigen Fluges bis nach Frankfurt mit Schlaf überbrücken zu können.
Am Flughafen „Jose Marti“ treffen wir lustigerweise auf Oskar Lafontaine, Politiker der Partei „Die Linke“, der im selben Flugzeug wie wir nach Deutschland fliegt. „Socialismo o muerte“ („Sozialismus oder Tod“) schreibt er in mein Buch über das politische Denken Fidel Castros, das ich eher aus Spaß am Trash denn aus echter Bewunderung von ihm signieren lasse.
Unser letzter Tag in Havanna, Cuba beginnt mit einer kleinen Überraschung. Wir frühstücken ausnahmsweise nicht in der Kantine der Uni, sondern draußen vor dem Wohnheim. Dort wird ein kleines Buffet aufgebaut. Manuel, der Präsident des Studierendenverbands (FEU) an der CUJAE und inzwischen für uns auch ein guter Freund, überreicht uns eine von allen cubanischen BrigadistInnen signierte Fahne der FEU. Als dann auch noch eine riesige Eierschaumtorte herbeigetragen wird, sind wir alle gerührt.
Beim Abschlussplenum sind wir uns einig: Egal wie viel wir uns in der Vorbereitung mit dem cubanischen Modell des Sozialismus beschäftigt haben, ihn live zu erleben ist eine ganz andere Erfahrung. Der eine oder andere hat das hervorragende kostenfreie Gesundheitssystem wegen dem ungewohnten Essen oder dem tropischen Klima am eigenen Leib ausprobieren dürfen. Natürlich hatten manche im Vorfeld auch Zweifel, ob in der antikommunistischen Propaganda gegen Cuba nicht doch ein Funken Wahrheit steckt – doch zu sehen, wie offen die CubanerInnen reden, egal ob über Alltagsprobleme oder Politik, zu erleben wie cubanische Studierende leben, hat uns alle beeindruckt.
Sorgen, dass Cuba mit seinen Wirtschaftsaktualisierungen das sozialistisches System aufgibt, haben wir nicht mehr. Wir wissen jetzt: Die CubanerInnen gehen ihren richtigen Weg.
Dann heißt es Abschied nehmen. Die cubanischen Studierenden sind nicht mehr nur fremde Genossen und Genossinnen für uns, sondern wir sind Freunde für’s Leben geworden. Wie wir haben auch sie ihre Ferien „geopfert“, um mit uns zusammen zu arbeiten, zu leben und abends auch mal einen Rum zu trinken.
Der Aufenthalt mit Cuba hat uns verändert. Neben harten Fakten über das cubanische System nehmen wir unzählige Anekdoten mit nach Hause. Wenn es der kleinen tropischen Insel Cuba gelingt, ohne große Industrie und trotz der US-Blockade seiner Bevölkerung ein kostenloses Gesundheitssystem, ein brilliantes Bildungssystem und wirklich demokratische Mitbestimmungsrechte zu bieten, was würde dann erst in Deutschland möglich sein?
In Deutschland ankommen, verlassen wir den Flieger. Es ist wie eine andere Welt. An den glänzenden Wänden des Flughafens hängt Werbung. Blackberry wirbt dafür, auch im Urlaub berufliche E-Mails zu checken: „Nicht pausieren, Blick riskieren.“ Und auch sonst merken wir schnell, dass wir wieder in Deutschland sind. Während wir die Sicherheitsschleuse unbehelligt passieren, wird eine schwarze Familie rausgezogen und durchsucht.
Sowohl uns, als auch unseren cubanischen Brigade-FreundInnen haben die letzten Wochen Kraft gegeben, für den Sozialismus zu kämpfen – ob für das Erkämpfen des Sozialismus in Deutschland oder das Verteidigen und Weiterentwickeln des Sozialismus in Kuba.
Viva Cuba socialista – Machen wir den Kapitalismus zur Geschichte!
Jan (leider nicht nicht mehr aus Havanna)