Was zu schaffen wäre

veröffentlicht am: 5 Dez, 2015

Merkel, Seehofer, die Flüchtlinge und wir

Die Bundeskanzlerin will etwas schaffen. Mit aller Kraft. Zumindest redet sie die ganze Zeit davon. Nur was sie eigentlich schaffen will, das bleibt immer etwas im Dunklen. Auf jeden Fall wird es ziemlich schwierig und anstrengend werden. Die Flüchtlinge sind eine Belastung. Das wird uns einiges abverlangen. Dafür müssen wir kürzer treten und unsere eigenen Ansprüche herunter schrauben. Das ist im Sinne der Menschlichkeit und der Solidarität. Das ist es, was die Kanzlerin uns sagen möchte. Wir sollen uns schon einmal darauf einstellen, dass die Löhne weiter gedrückt werden, dass weniger Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, dass der Ausbildungsplatzmangel weiter zunimmt. Was die Kanzlerin nicht sagen möchte ist, dass die Unternehmen von den Flüchtlingen profitieren werden. Sie haben eine größere Auswahl an Arbeitskräften und die Konkurrenz unter den Lohnabhängigen wird zunehmen. Das erhöht auch den Druck auf die Löhne insgesamt. Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, jetzt auch Chef des Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist. Seine Aufgabe ist es seine guten Kontakte zur Wirtschaft zu nutzen, um die Auswahl, welche Flüchtlinge profitabel für deutsche Unternehmen eingesetzt werden können und welche abgeschoben werden, besser zu organisieren – auf dem Rücken der Beschäftigten der beiden Institutionen. Es kann also festgestellt werden: das deutsche Kapital profitiert von der aktuellen Situation, und das sogar doppelt. Einerseits, in dem deutsche Konzerne weltweit am Krieg, der Ausbeutung abhängiger Staaten und dem ungehinderten Zugang zu Rohstoffen und Absatzmärkten verdienen. Damit schaffen sie erst die Bedingungen in den Herkunftsländern, die hunderttausende Menschen in die Flucht treiben. Und sind die Flüchtlinge schließlich hier ist es wiederum das deutsche Kapital, das daraus seinen Profit schlägt.

Damit das alles klappt, muss aus Sicht der Bundesregierung jede echte Solidarisierung, die über ein „herzlich Willkommen“ und Sachspenden hinausgeht, zwischen den deutschen Lohnabhängigen und den Flüchtlingen verhindert werden. Das ist gewissermaßen das Spezialgebiet des Horst Seehofer und seines „Wir schaffen das nicht.“ Unterstützt von Pegida und Co. versuchen er und andere deutlich zu machen: Es geht nicht mehr, es ist zu viel, die Flüchtlinge überfordern uns. Damit wird genau die rassistische Begleitmusik gespielt, die nötig ist, um einen tiefen Keil zwischen uns und die Flüchtlinge zu treiben. Wir sollen besorgt sein, über die großen Belastungen, die unaufhaltsam auf uns zukommen und die – je nach Auslegung – nur schwer, kaum oder eben gar nicht zu schaffen sind. Was davon nun stimmt, ist eigentlich egal. Hauptsache die Bevölkerung hat Angst – besorgte Bürger eben. Merkel und Seehofer haben an dieser Stelle also nicht unterschiedliche Auffassungen, sondern nur gewissermaßen unterschiedliche Aufgaben zu schaffen.

Unsere Aufgabe, und mit uns die aller antifaschistischen und demokratischen Kräfte ist es genau das zu verhindern. Was wir schaffen müssen, ist die Flüchtlinge in ihrer Lage nicht allein zu lassen, ist deutlich zu machen, dass genug Geld da ist, ist den Kampf gegen den Rassismus zu verbinden mit den Kampf gegen Lohnkürzungen und Kriegseinsätze der Bundeswehr, für mehr Ausbildungsplätze und mehr bezahlbare Wohnungen für Alle.

Jann, Essen

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