„Signale setzen“ (POSITION #03/16)

veröffentlicht am: 10 Jun, 2016

Die Mobilisierung zur Tarifrunde Metall und Elektro

Unser Kollege hetzt auf dem Steg entlang. Hier bei Airbus werden auf drei Ebenen in einer riesigen Halle Flugzeuge gebaut. Er muss die Flugblätter an die schwarzen Bretter der Gewerkschaft anbringen. Diejenigen zur Tarifrunde, es soll Warnstreiks geben. Dabei muss er aufpassen. Die Büros der Meister sind so gebaut, dass sie die riesigen Hallen überblicken können. Und sie haben sehr große Fenster. „Es ist ja nicht so, dass die KollegInnen sich nicht aufregen würden …“ sagt er. Vor allem als Vertrauensmann und einer der Organisatoren des Vertrauensleutekörpers hat er immer sein Ohr an den KollegInnen. „Vor allem als sie …“ – er meint die Geschäftsführung – „neulich die Stechuhren verlegt haben. Da waren sie richtig sauer. Die waren früher an den Eingängen. Da ist man dann rein, hat gestempelt, ist sich umziehen gegangen. Jetzt ist das anders. Jetzt ist die Uhr direkt vor dem Glaskasten der Meister. Die können das jetzt genau sehen, was da passiert, wer stempelt und in welchem Zustand.“ Auf die Frage, ob das eine Rolle spielt, verneint er. Bei der Tarifrunde gehe es jetzt um andere Dinge. Die Kampagne „Wir für mehr“ zielt vor allem auf mehr Gehalt ab.
Knapp zwei Wochen später ist es soweit. Aus drei Richtungen kommen die Demonstrationszüge der IG-Metall auf den zentralen Kundgebungsort in Hamburg zu. Wieder ist unser Kollege dabei. Er grinst: „Jeder, der hier mitgelaufen ist, zeigt, dass das richtiger ist als einfach nach Hause zu gehen.“ Dabei achtet er darauf, dass „seine Leute“ auch Fahnen der Gewerkschaft tragen. Mehr Geld haben wollen ist das eine, und völlig verständlich, sagt er „aber, dann müssen wir auch sehen, dass man sich dafür organisieren muss. Dazu die Gewerkschaftsfahnen. Das muss ins Auge springen, das rote Tuch!“. Er schnackt kurz mit seinem Sekretär. Die Stechuhren kommen zur Sprache. Man muss diese Forderungen, Betriebsathmosphäre, Arbeitsbedingungen, und so weiter jetzt zur Sprache bringen, davon ist er überzeugt. Der Sekretär ist anderer Meinung. Jetzt ginge es um Tarifpolitik. Das andere kläre man schon mit der Geschäftsleitung. Der Konflikt hier ist durchaus handfest. Entweder man kämpft um seine Rechte oder man kungelt mit der anderen Seite. „Diese innerbetrieblichen Sachen müssen auf den Tisch. Damit kriegen wir die Leute zum kämpfen.“ Unser Kollege verteilt weiter Fahnen. „Man muss denen klar machen, dass wir da sind.“ sagt er, und meint die Geschäftsführung. Dann fügt er hinzu: „Und wenn uns da einige ausbremsen wollen“, knurrt er, und meint andere, „dann zeigen wir auch denen, dass man um alles kämpfen muss. Um die Uhr und um das Geld.“ Damit drückt er einer Kollegin einen Stapel Flugblätter in die Hand. „Kämpfen muss man lernen, und es sollte uns niemand davon abhalten.“
Eine weitere Woche später ist die Tarifrunde rum. Herausgekommen ist die Hälfte des geforderten, es entspricht kaum dem Inflationsausgleich. Dennoch rennt unser Kollege wieder durch die Halle. „Wir setzen das nächste Signal“ sagt er, und lädt mehrere KollegInnen zum Transpi malen ein. „Jetzt muss was großes, deutliches auf die schwarzen Bretter“ meint er, „da setzen wir Signale, dass wir da sind und kämpfen wollen.“

Kurt, Hamburg

Dieser Artikel erschien in
POSITION #3/2016
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