Offene Reaktion

veröffentlicht am: 5 Aug, 2016

Das AfD-Parteiprogramm und was wir dem entgegensetzen können

Die AfD hat mittlerweile den Sprung in drei Landesparlamente geschafft. Dabei verkauft sie sich als Partei der kleinen Leute, die deren Interessen vermeintlich ernst nimmt und in ihrer Argumentation die berechtigten Existenzängste und Sorgen vieler Menschen für ihre rechte Stimmungsmache nutzt. Ihr größtes Wählerpotenzial findet sich bei Arbeitenden und Arbeitslosen. Denn die soziale Situation vieler Menschen ist beispielsweise durch Mietexplosionen, prekäre Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bedroht. Gleichzeitig sind diese Menschen enttäuscht von der Politik der Regierenden, da sie feststellen, wie wenig ihre Interessen darin einen Platz finden. An diese „Protestwähler“ richtet sich die AfD. Ihr gelingt es, die Ängste der Menschen in eine Angst vor Flüchtlingen umzulenken. Dabei bekommt sie ausreichend Unterstützung durch die bürgerlichen Parteien. Im Zuge der Debatten um Flüchtlingsobergrenzen und Schießbefehle wirkt es manchmal so, als wäre Deutschland bereits jetzt das Land, das sich die AfD wünscht. Anfang Mai fand in Stuttgart der erste Programmparteitag der AfD statt. Dieser wurde mit riesigem Polizeiaufwand gegen Proteste abgeschirmt. Zum Schutz der als rechtspopulistisch bezeichneten Partei hat die Polizei Recht gebeugt und gebrochen. Demonstranten wurden eingekesselt, gefesselt, stundenlang weg gesperrt. Dass die AfD alles andere als eine Partei der kleinen Leute ist, zeigt das dort verabschiedete Parteiprogramm.

KW31.1_3-16_akt_afd_vs_sofortprogramm2Soziale Reaktion
Ein wesentlicher Punkt ist die Einschränkung von Rechten der arbeitenden Bevölkerung: Die AfD will Leiharbeit und Werkverträge ausbauen, die Rechte von Gewerkschaften schleifen und Widerstand gegen diese unsoziale Politik mit Hilfe einer durchgreifenden Polizei unterdrücken lassen. Die Unternehmer sollen also mehr Instrumente erhalten, um die Arbeiter gegeneinander auszuspielen und Lohndrückerei in gigantischem Ausmaß zu betreiben. Wehren sollen wir uns auch nicht dürfen. Im Gegenteil, der Hass, der aus unserer Angst entsteht, soll sich gegen andere Teile der deutschen Arbeiterklasse, gegen Flüchtlinge und MigrantInnen richten. Im Programm findet sich unter Anderem eine nicht verhandelbare Schuldenbremse. Die Kommunen haben das Geld nicht und sie sollen es sich nicht holen dürfen. Man kann einwenden, dass die Schuldenbremse auch ein Werk der anderen Parteien ist – das ist richtig. In Berlin ist sogar die Linkspartei daran beteiligt. Die AfD geht insofern darüber hinaus, als dass sie einen anderen Gegner anbietet, und somit die Bevölkerung aufhetzt. Diese Mobilisierung für reaktionäre Zwecke ist eine neue Stufe.

Reaktionärer Gewaltapparat
Neben dem Gequatsche, dass Menschen, die vor Krieg und Elend fliehen eine „Welle“ seien, richten sich die intellektuellen Kiesel als Felsen in der Brandung auf und fordern mehr PolizistInnen. Härtere Maßnahmen gegen Proteste, schnellere Wasserwerfereinsätze – auch über Gummigeschosse und Ähnliches wurde diskutiert. Hier schreibt die AfD die Forderungen des reaktionären Berufsverbandes der Polizisten ab: Knüppel frei heißt das Motto. Auch hier ist dank dem Druck durch die AfD wieder ein CDU-Politiker auf die rechtere Spur gekommen und will eine Polizeieinheit gründen, die speziell Flüchtlinge untersuchen und ihre „spezifische Kriminalität“ unter die Lupe nehmen soll. Grenzbefestigungen und den Schießbefehl hat man sich in Deutschland bisher verkniffen. Das lässt man lieber den türkischen Premierminister machen. Von der CDU wird das dann als humanitäre Lösung verkauft.

AfD und Alfa
Bundesweit laufen die Diskussionen, wie die Wogen zu glätten seien. Die SPD und die Grünen wollen in diversen Bündnissen, unter anderem mit dem Bund deutscher Arbeitgeber, eine offene Gesellschaft. Aus diesen Kreisen des deutschen Kapitals kamen die Leute, die wie Lucke und Henkel den Spuk AfD begründet haben. An der Frage, ob man den für ihre Politik notwendigen Demokratieabbau mit einer eigenen Massenbasis durchsetzen oder ob man sich auf den staatlichen Gewaltapparat verlassen sollte, spaltete sich die AfD. Die Vertreter der staatlichen Repression sind in den Staatsdienst zurückgekehrt, so wie Lucke an die Hamburger Uni. Die Ratlosigkeit der etablierten Parteien ist klar: die AfD will das, was sie auch wollen. Doch sie ist bereit, dafür die Demokratie in einem Maße abzubauen, die ihnen nicht gefällt. Außerdem mobilisiert die AfD den Volkszorn.

Dieser Artikel ist aus der aktuellen POSITION, dem Magazin der SDAJ. Du kannst es für 10€ jährlich abonnieren oder Dir erstmal eine Ausgabe zuschicken lassen (Mehr Infos siehe unten)

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Sozialer Wohnungsbau statt Flüchtlingshetze
In allen Hamburger Vororten werden derzeit Flüchtlinge untergebracht. Wollte man zuerst die Hilfsbereitschaft der Menschen noch nutzen und ließ daher am Hauptbahnhof ein Auffanglager bauen, sollen sie nun aus den Augen und aus dem Sinn gebracht werden. Genau in diese Vororte hat man aber auch diejenigen verdrängt, die arm sind trotz Arbeit oder die sich durch die Quälereien der Hartz-Gesetze kämpfen müssen. Hier treffen sie nun aufeinander und konkurrieren um die gleichen Wohnungen. Im Speckgürtel und den Außenbezirken von Hamburg machen sich nun Neonazis und Rechtspopulisten zur Agitation bereit: die NPD in Bramfeld und Farmsen, die AfD sogar in der Bürgerschaft, Kameradschaften in Tostedt und Harburg. Denen zu Leibe zu rücken geht tatsächlich am besten damit, ihnen den Zugang zu den Menschen abzuschneiden.Was wir brauchen ist endlich wieder ein sozialer Wohnungsbau. Den fordern auch die Kommunisten von der DKP in ihrem Sofortprogramm. Werden die Menschen dafür gemeinsam mobilisiert, ist für rechte Hetze kein Platz mehr.

Bildung in unserem Interesse
Um Bildung müssen alle Teile der Arbeiterklasse, ebenso wie Geflüchtete, derzeit hart kämpfen. Sei es um baufällige Schulgebäude oder fehlende LehrerInnen für Integrationskurse. Es stellt sich also die Frage: wie schaffen wir es, dass diese Interessen nicht gegeneinander ausgespielt werden? Und worin sollen sich die Flüchtlinge gegen alle staatlichen Widersprüche integrieren lassen? Wir setzen dem einen Vorschlag entgegen: Integration funktioniert über echte Willkommenskultur und das heißt z.B. konkret mit allen zusammen für Bildung in unserem Interesse einzutreten. Unsere Willkommenskultur, so steht es im Forderungsprogramm der DKP, heißt zusammen kämpfen.

Krieg oder Frieden?
Die Bundeswehr – so sind sich die AfD und Von der Leyen einig, soll ausgebaut werden. Unterschiede bestehen darin, wie aggressiv das Ganze ausgerichtet sein soll. Innerhalb der AfD geht das bis hin zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Ein autoritär zu- und ausgerichtetes, bewaffnetesVolk – gruselige Vorstellung. „Gemeinsame europäische Streitkräfte lehnt die AfD [allerdings] ab und hält an einer umfassend befähigten Bundeswehr als Eckpfeiler deutscher Souveränität fest“ schreibt das AfD-Programm. Hier wird zum nächsten Krieg gerüstet. Zum dritten Griff nach der Weltmacht.

KW31.1_3-16_akt_afd_vs_sofortprogrammWas tun? Was tun!
Dem gegenüber steht die Aufgabe, Fluchtursachen zu bekämpfen, und zwar dauerhaft. Deutsche Kriegseinsätze gehören dazu. Die Bundeswehr wegsparen, das Geld in den sozialen Wohnungsbau stecken. Die deutschen Millionäre besteuern, dann ist vielleicht auch weniger Kapital übrig, um damit afrikanische Kleinbauern zu vertreiben. Das Geld in die maroden Schulen und Integrationskurse stecken. Das werden uns die Herrschenden nicht schenken – die haben, wie wir gesehen haben, ganz anderes vor. Wir aber können antworten: Organisieren, damit sich niemand gegen den oder die andere ausspielen lässt. Kämpfen, damit niemand alleine gelassen wird. Dabei sind konkrete soziale und politische Kämpfe mit Sofortforderungen, in Initiativen, Bündnissen, Bewegung die Waffe, die wir haben.

Kurt, Hamburg

 

Patrik Köbele: „Den Spaltern das Wasser abgraben“
Die Aufgaben des Sofortprogramms der DKP

Die herrschende Klasse nutzt das von ihr geschaffene Elend der Flucht und der Flüchtenden, um die Spaltung unter den Beherrschten zu vertiefen. Ihre Mittel sind Rassismus und Ausnutzen der Flucht zur Verschärfung der Konkurrenz unter den Beherrschten. Diese Konkurrenz findet sich beim Kampf um Arbeit, beim Suchen nach einer Wohnung, in der Finanzsituation der Kommunen. Sie wird sich im Bildungssystem finden, dass ohnehin schon auf Spaltung angelegt ist.
Unser Sofortprogramm beinhaltet Kampfziele, die helfen sollen diese Konkurrenzen zu verkleinern und die eine Basis bilden können um die Arbeiter und Angestellten, die Arbeitslosen, die Ausgegrenzten, die Flüchtlinge in gemeinsame Kämpfe zu führen.
Unser Sofortprogramm benennt die Ursachen von Flucht (imperialistische Kriege, Umweltzerstörung und Ausbeutung) und Armut (Arbeitslosigkeit, Hartz-System, Auflösung des Normalarbeitsverhältnis). Und unser Programm benennt, wo das Geld zu holen ist, bei den Profiteuren von Kriegen, Flucht und Armut.
Es ist ein Programm, ein Diskussionsangebot und ein Baukasten für Einzelforderungen. Diese Diskussion in die Bewegungen, in die Gewerkschaften, in Betriebe, an Schulen und Hochschulen zu tragen, ist ein entscheidender Schritt, um den rassistischen Spaltern der AfD das Wasser abzugraben.
Hier klicken und das ganze Sofortprogramm lesen

Dieser Artikel erschien in
POSITION #3/2016
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