Bei der Bahn kämpfen Azubis und merken schnell, wer eigentlich der Stärkere ist
Übernahmegarantie nach der Ausbildung klingt nett und ist es auch. Die Frage ist nur, was man darunter versteht. Dass die Frage sehr unterschiedlich aufgefasst werden kann, hat die DB Systel GmbH, ein IT-Dienstleister innerhalb des Deutsche-Bahn-Konzerns, bewiesen. Dort bekamen Azubis am Ende der Ausbildung das Angebot bei DB Zeitarbeit, der eigenen Zeitarbeitsfirma der Deutschen Bahn, übernommen zu werden. „Es hat vor allem leistungsschwache Kollegen getroffen, die keiner im Unternehmen wirklich wollte. Normalerweise wurde trotzdem versucht, alle irgendwo unterzubringen“ sagt Maurizio, der selbst bei DB Systel arbeitet und in der JAV aktiv ist. Diese beschloss, dagegen vorzugehen, da „wir einen Dammbruch und einen ersten Schritt zur Öffnung einer Übernahme bei DB Zeitarbeit befürchteten“, so Maurizio. Also wurde ein Artikel über Zeitarbeit in der betriebsinternen JAV-Zeitung veröffentlicht. Dort wurde der Versuch, die Übernahmegarantie durch eine Zeitarbeitsfirma zu umgehen, angegriffen und die Problematik von Zeitarbeit im Allgemeinen dargestellt. Außerdem enthielt der Artikel die klare Aufforderung den gewerkschaftlichen Kampf gegen das Vorgehen des Konzerns zu organisieren und machte deutlich, dass die JAV für eine Übernahme bei DB Systel kämpfen würde.
Der Artikel und eine Rede bei der Betriebsversammlung löste bei sehr vielen KollegInnen große Empörung und viel Zustimmung aus. Auch der Betriebsrat positionierte sich klar auf Seiten der JAV. Das war ein deutlicher Schlag ins Gesicht des Arbeitgebers, der einsehen musste, dass es ihm nicht gelingt, JAV und Betriebsrat gegeneinander auszuspielen, wie dies immer wieder versucht wurde. Das wiederum wirkte sich nachhaltig auf andere Auseinandersetzungen aus.
Dieses Mal ging es darum, dass zu Beginn der Ausbildung oder eines dualen Studiums bei der Bahn ein fünftägiges Praktikum absolviert werden muss. Während dieser Zeit sollen sich die Azubis kennenlernen und erhalten ihr Arbeitsmaterial. Der Haken: das Praktikum wurde nicht vergütet. Die Azubis und Studierenden wendeten sich mit dem Problem an die JAV. Diese organisierte mit dem Betriebsrat eine Diskussion dazu. Nach nur einer Betriebsratssitzung, zu der der Arbeitgeber eingeladen wurde, wurden ihre Forderungen akzeptiert und eine Entlohnung für die dual Studierenden ausgehandelt. Für die Azubis wurde der Beginn der Ausbildung um die Zeit des Praktikums nach vorne verlegt, so dass auch sie in der Zeit entlohnt werden.
„Der Druck, den wir in der Frage um die Übernahme bei DB Zeitarbeit aufbauen konnten, hat sich auch auf diese Auseinandersetzung ausgewirkt. Dem Arbeitgeber war klar, dass wir es ernst meinen. Aus diesem Grund konnten wir unsere Forderungen sehr schnell durchsetzen ohne tatsächlich erneut Druck aufbauen zu müssen“ stellt Maurizio zufrieden fest.
Roxy, Tübingen