„Es gibt kein Fest wie dieses!“ – Eindrücke vom portugiesischen Avante-Festival
Bei gut 35 Grad im Schatten stehe ich mit zwei belgischen Genossen in der portugiesischen Vormittagssonne und male Buchstaben aus. Nebenan wird gehämmert, geschraubt und gesägt. Es werden Kabel und Wasserleitungen verlegt, Bierfässer transportiert, und und und. Denn hier, auf einem ehemaligen Weingut, das heute der kommunistischen Partei Portugals (PCP) gehört, findet jedes Jahr am ersten Septemberwochenende die Festa do Avante statt. Das größte und gleichzeitig günstigste Festival des Landes, wie uns ein portugiesischer Genosse stolz erzählt, mit jährlich rund 600.000 Besuchern.
Dieses Jahr, zum 40. Jubiläum der Festa, lud die Kommunistische Jugend (JCP) ihre Schwesterorganisationen ein. Es kamen etwa 70 Jugendliche aus 25 Ländern. Drei Tage lang haben wir beim Aufbau geholfen, anschließend waren wir in Lissabon und in der Region Alentejo und haben uns u.a. mit Parteifunktionären und Stadträten getroffen. Außerdem haben wir ein ehemaliges Gefängnis für politische Gefangene der faschistischen Diktatur besichtigt. Zuletzt saßen wir gemeinsam auf der Dachterrasse des Hauses der PCP und haben uns über die verschiedenen Situationen in unseren Ländern ausgetauscht.
Erbe der Nelkenrevolution
Die kommunistische Partei ist in Portugal stark. „Nicht, weil wir besser sind als kommunistische Parteien in anderen Ländern, sondern weil es bei uns eine Revolution gab,“ erklärt uns Jerónimo de Sousa, der Vorsitzende der PCP. Er meint den 25. April 1974, als die faschistische Diktatur in Portugal gestürzt wurde. Damals entwickelte sich ein Putsch von Teilen des Militärs, die den Krieg gegen die portugiesischen Kolonien in Afrika leid waren. Durch die Unterstützung der Bevölkerung wurde er zu einer erfolgreichen antifaschistischen Revolte, die unter dem Namen Nelkenrevolution bekannt wurde. Die PCP spielte dabei eine wichtige Rolle. Während der Revolution übernahmen in vielen Betrieben die Arbeiter die Kontrolle, es wurde die Verstaatlichung von zentralen Sektoren der Industrie und der Banken beschlossen und eine Landreform auf den Weg gebracht, die die Macht der Großgrundbesitzer brechen sollte. Auch wenn diese Errungenschaften nicht erhalten werden konnten, bleibt bis heute ein relativ großer Rückhalt in der Bevölkerung und darüber hinaus ein Respekt der Partei gegenüber bestehen.
Es ist möglich!
Es gibt viele Gründe, zur Festa do Avante zu kommen – die Konzerte und Partys bis spät in die Nacht, die vielen verschiedenen regionalen und internationalen Spezialitäten, die Lesungen und politischen Diskussionen, sogar ein Theater und ein Kino gibt es – aber was die Festa do Avante so besonders macht, ist die Arbeit, die die Genossinnen und Genossen jedes Jahr in dieses Festival stecken. Denn auch heute noch wird das Festival fast komplett ehrenamtlich aufgebaut, betrieben und wieder abgebaut. Und so beweisen sich die GenossInnen was alles möglich ist, wenn man gemeinsam anpackt – freiwillig, ohne Zwang und Konkurrenz.
Lina, München