Frauenunterdrückung

veröffentlicht am: 7 Mrz, 2017

Warum wir im Kapitalismus um die Befreiung der Frau kämpfen müssen, der Kampf im Sozialismus aber noch nicht gewonnen ist

Frauen können in unserer Gesellschaft wählen und gewählt werden, haben Zugang zu Bildung und Ausbildung. Formal haben Frauen wie Männer heutzutage fast auf jedem Gebiet die gleichen Rechte. Alles gut also?

Die doppelte Unterdrückung im Kapitalismus

Frauen verdienen 21% weniger als ihre männlichen Kollegen, sie sind in Branchen mit besonders prekären Beschäftigungsverhältnissen überrepräsentiert und erledigen darüber hinaus den Großteil der Hausarbeit. Dieses Schlaglicht auf weibliche Lebensrealität zeigt, dass die strukturelle Schlechterstellung von Frauen heute so aktuell ist wie vor 100 Jahren.

Sie zeigt sich zum einen durch die besondere Position der Frau in der Produktion, also auf dem Arbeitsmarkt und zum anderen ihrer Rolle als Mutter und Hausfrau. Die Unterdrückung von Frauen ist älter als der Kapitalismus: Als er die historische Bühne betritt, hatte die geschlechtliche Arbeitsteilung Frauen in die Reproduktionssphäre verdrängt. Das heißt, sie waren zuständig für Familie, Haushalt und Erziehung. Der Kapitalismus zwingt nun aber auch Arbeiterinnen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen – allerdings unter besonderen Bedingungen, die genutzt werden, um die Arbeitskraft von Frauen geringer zu entlohnen.

Die besondere Rolle in der Produktion

Die Arbeit von Frauen galt von Beginn an als weniger Wert. Erstens, weil sie auf Grund der ihr zugeschriebenen Rolle häufig Arbeiten mit gering entwickelten Produktivkräften verrichten, das heißt in Bereichen, in denen sich etwa technische Entwicklungen und Rationalisierungen langsamer vollziehen. Heute sind dies zum Beispiel der Pflegebereich, Einzelhandel und andere Dienstleistungsberufe. Zweitens drückte das niedrige Lohnniveau in solchen Branchen – damals bspw. als Näherin in Heimarbeit – auch auf den Arbeitslohn von Arbeiterinnen in der Industrie, indem der Verdienst von Frauen nicht auf die Art ihrer Arbeit, sondern auf ihr Geschlecht zurückgeführt wurde. Dieser Prozess wurde und wird auch heute noch mitunter durch den ideologischen Kniff gestützt, dass Frauenarbeit als „Zuarbeit“ abgewertet wurde. Der eigentliche „Brotverdiener“ sei natürlicherweise der Mann und der Verdienst der Frau bessere die Haushaltskasse schließlich nur ein wenig auf.

Bis heute ist Frauenarbeit schlechter bezahlt und besonders unsicher. Diese Situation wird nicht nur ausgenutzt, um Frauen geringer zu entlohnen, sondern auch um Männer und Frauen gegeneinander auszuspielen, indem auch der Lohn der Männer durch die Konkurrenz der Frauen unter Druck gerät.

Traditionelle Rollenverteilung

Im Alltag von Frauen macht sich noch ein weiterer Unterdrückungsmechanismus bemerkbar, der sich seit den Ursprüngen des Kapitalismus im Wesentlichen nie geändert hat. Hartnäckig bleibt die traditionelle Rollenverteilung bestehen, die Frauen den Löwenanteil der Reproduktionsarbeit zuschreibt: Nach Feierabend arbeiten vor allem Frauen weiter: putzen waschen, kochen, und kümmern sich um den Nachwuchs. Während ein Mann in Deutschland durchschnittlich 0,8 Stunden pro Tag mit Hausarbeit verbringt, sind es bei Frauen satte 2,3 Stunden. Nicht nur sexistische Rollenbilder halten dieses Verhältnis stabil, sondern auch ökonomische Tatsachen. Wenn ein Paar bspw. vor der Entscheidung steht, wer Halbtags zu Hause bleibt, wird es sich für die Person entscheiden, deren Verdienstausfall am wenigsten weh tut. Meist sind das eben Frauen.

Die Rolle der Proletarierin ist also auf zweifache Art und Weise dem Profitstreben des Kapitals unterworfen: Sie wird als Lohndrückerin missbraucht und stellt die Reproduktion der Klasse sicher. Drittens wirkt die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau häufig wie eine Art Ablenkung: Sexistische Machtausübung von Männern über Frauen lenken von der Ohnmacht gegenüber der gesamten Ausbeutungsmaschinerie und dem eigentlichen gemeinsamen Feind ab. Damit wird die Frauenfrage zum Thema des ideologischen Klassenkampfes.

Frauen im Sozialismus

Nach der Revolution wird alles anders? Ja und Nein. In dem Moment, da wirklich alles Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft ist, niemand mehr für den Profit des anderen arbeitet, gibt es keine Ausbeutung der Lohnarbeiterinnen mehr. Außerdem fällt die Notwendigkeit weg, Frauen als Lohndrückerinnen zu nutzen.

Frauen hinter den Herd?

Dann kann eine umfassende Planung der notwendigen Arbeit gleichermaßen auf alle Schultern verteilt werden. Dies muss nicht im familiären Rahmen geschehen sondern kann gesellschaftlich geregelt werden, z.B. durch Flächendeckende KiTas, Schulen, Pflegeheime oder Krankenhäuser die den Bedürfnissen der Menschen angepasst sind, und nicht den Kapitalinteressen. In der DDR bekamen beispielsweise 1980 64% aller Kinder im Krippenalter einen Betreuungsplatz, bei den Kindern im Kindergartenalter waren es sogar 92%. Eine Quote von der Eltern in der BRD auch heute nur zu Träumen wagen.

Frauen hinter die Werkbank!

Eine Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben, ohne Verbannung in das familiäre Zuhause ist sicher eine notwendige Bedingung für eine reale Gleichheit der Frauen und Männer. Die meisten Frauen in den sozialistischen Staaten gingen also auch einer Arbeit nach, und das ohne das Lohngefälle zu ihren männlichen Kollegen. Als die Frauen im Westen noch die Genehmigung des Gatten brauchten, um arbeiten zu dürfen, gingen die Frauen im Osten schon ganz selbstverständlich ihrer Arbeit nach. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit wurde 1946 im Befehl Nr. 253 der Sowjetischen Militäradministration festgeschrieben.

Der Kampf geht weiter!

Aber viele andere Dinge, werden noch nicht gesellschaftlich sondern privat ausgehandelt. Die Sexualität, der Umgangston und Inhalte der Freizeitgestaltung lassen sich daher auch nur durch eine Veränderung des Bewusstseinsstandes der gesamten Bevölkerung beeinflussen. Auch hierfür bietet der Sozialismus eine Möglichkeit, da es keine Notwendigkeit für zwischenmenschliche Spaltungen mehr gibt. Ohne Sozialismus wird es also keine volle Befreiung der Frauen geben. Doch auch in ihm werden wir darum ringen müssen.

Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frauen?

Vertrösten wir jetzt alle die auf Gleichberechtigung pochen auf den Sozialismus? Besser nicht.

Zum einen bilden Frauen als Kolleginnen die Hälfte unserer Klasse. Als Lohnarbeiterinnen haben sie ein Interesse an der Überwindung der kapitalistischen Produktions- und Verteilungsverhältnisse. Einzelne Bereiche der noch familiär (i.d.R. von Frauen) organisierten Reproduktionsarbeit können bereits im Kapitalismus gesellschaftlich geregelt werden. Dafür lohnt es sich auch heute zu streiten, da dies bessere Lebens- und dadurch auch bessere Kampfbedingungen für Frauen schafft.

Ohne Befreiung der Frauen keinen Sozialismus!

Zum anderen ist ein revolutionärer Prozess oder ein Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ohne Beteiligung der Frauen undenkbar. Noch stellen sie – als Hauptverantwortliche für Reproduktionsarbeit – den Zugang zum Bewusstsein der jungen Generationen her oder verwehren ihn, wenn wir sie nicht auf unserer Seite haben. Innerhalb der Familien haben Frauen auch häufig eine Machtposition, die wir nicht der Gegenseite überlassen dürfen.Wenn AktivistInnen sich in ihrer politischen Arbeit durch ihre Partnerinnen behindert fühlen, bremst das die Bewegung. Unsere Antwort darauf ist nicht die Frage warum sie sich von ihren Freundinnen einschränken lassen lassen, sondern warum die Partnerinnen sich nicht einbringen. Damit wäre uns allen wohl am meisten geholfen.

Corinna und Fred, Bochum

 

Dieser Artikel ist aus der aktuellen POSITION, dem Magazin der SDAJ. Du kannst es für 10€ jährlich abonnieren unter: position@sdaj.org

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