Bedingungslose Gleichheit?

veröffentlicht am: 13 Mai, 2017

Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen vergisst die realen Machtverhältnisse

Mindestens 1.000€ im Monat auf die Hand – das ist in Zeiten von Niedriglöhnen und Arbeitslosigkeit eine Traum. Große Teile der Partei Die Linke, von Attac aber auch der Grünen sprechen sich deswegen für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) aus. An ihrer Seite steht Götz Werner, der bekannte Milliardär von der Drogeriekette „dm“. Auch Thomas Straubhaar macht sich für das BGE stark, er hat den Verein „Pro Bürgergeld“ mit ins Leben gerufen. Früher war er Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts und Botschafter der Arbeitgeber-Initative „Neue Soziale Marktwirtschaft“. Arbeitslose, Arme, Milliardäre, Linke und Neoliberale zusammen für das BGE?

Neoliberale Robin Hoods?

Die Motivation der herrschenden Herrschaften ist eine andere. Dem dm-Milliardär geht es nicht um Gerechtigkeit: „Alle Steuern werden abgeschafft, bis auf die Mehrwertsteuer, die um 50 Prozent erhöht werden soll. Aus diesen Einnahmen zahlt der Staat den Bürgern ein Grundeinkommen, von dem sie gerade leben können sollen. Über 1.000 Euro sollten es schon sein“. Das heißt, wir alle sollen mehr Steuern zahlen, um uns gegenseitig ein BGE zu finanzieren. Und das über Konsumsteuern und nicht über Einkommens- oder Vermögenssteuern, was bedeutet, dass Geringverdiener und Arbeitslose am meisten zahlen müssen.

Durch ein BGE nach diesem Modell können Löhne viel leichter gesenkt werden, denn der Lohn müsste nicht mehr garantieren, dass man davon sein Leben und eventuell das seiner Familie sichern kann. Sinkende Löhne bedeuten für die Kapitalisten höhere Profite und weniger Sozialabgaben, welche für uns das Ende von Versicherungen und Rente, also das Ende des „Sozialstaates“, bedeuten. Mindestsicherung heißt für Kapitalisten Steigerung ihrer Profite.

Das Kapital ist in der Offensive

Die Idee vom BGE erweckt den Anschein der Möglichkeit von gerechter Finanzierung im Kapitalismus und Geschenke von den Herrschenden. In einer Klassengesellschaft muss aber entweder die eine oder die andere Klasse bluten. In den letzten Jahre war jedoch nicht das Kapital – im Gegenteil: bei der Agenda 2010 wurde unser Sozialsystem kaputt gemacht, bei der Schuldenbremse öffentliche Daseinsvorsorge ausgelassen, bei der Senkung des Spitzensteuersatzes nicht umverteilt.

Dabei bräuchten wir dringend eine menschenwürdige Mindestsicherung für alle, die keine Arbeit haben und einen ordentlichen Mindestlohn, der zum Leben reicht. Auf dem Weg dahin müssen wir uns darüber bewusst sein, wer den Reichtum in unserer Gesellschaft erarbeitet und wer ihn sich einsteckt. Daran ändert ein BGE aber nichts.

Das Kapital ist in der Offensive und will so viel Profit wie möglich. Zu denken, dass es vielleicht in der Lohnfrage einmal auf Gerechtigkeit setzen würde, ist naiv. Stattdessen sollten wir für ein Ende des Hartz-IV-Systems, für ausreichendes Arbeitslosengeld und für ein Recht auf Arbeit kämpfen.

Dieser Artikel ist aus der aktuellen POSITION #2/17. Du kannst sie ab 10€ jährlich abonieren. Schreib uns einfach an position@sdaj.org

Arbeit für alle organisieren

Während die einen keine Arbeit haben, schuften sich die anderen tot durch Überstunden und kaum Urlaub. Im Jahr 2014 lag die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller Erwerbsfähigen in diesem Land bei 28,7 Stunden, trotzdem arbeiten viele über 40 Stunde die Woche schuften, während Viele keine Arbeit haben.(vgl. POSITION #2/16).

Die Produktivität steigt und die Konzerne fahren immer fettere Gewinne ein; zeitgleich werden die Bedingungen am Arbeitsplatz weiter verschlechtert und Arbeitsplätze abgebaut, sodass noch mehr Leute auf die Straße geworfen werden, deren Kosten auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Weil wir uns nicht als Erwerbslose gegen Angestellte ausspielen lassen werden, müssen wir also Forderungen aufstellen, die den Kapitalisten weh tun, z.B. eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Wochen bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Denn Geld und Arbeit ist genug da.

                                              Mark, München

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