Note 6 bei Krankheit
2015 begann ich eine Ausbildung zur Schneiderin an einer Vollzeit-Berufsschule, somit unvergütet. Doch was ich immer für meinen Traumjob hielt, begann ich schnell zu hassen. Die Kleidung, die wir im Unterricht nähten, wurde am Tag der offenen Tür verkauft. Aber von dem Erlös sahen wir nichts. Trotzdem musste jeder Schüler pro Jahr 120€ Materialgeld zahlen. Wohlgemerkt: an einer städtischen Schule. Wer erkrankte, während an einem Werkstück gearbeitet wurde, bekam keine Extrazeit. Lag der Abgabetermin in der Zeit der Krankheit, so hatte man trotzdem zur Abgabe zu kommen. Sonst kassierte man eine 6. Somit war eine schlechte Note bei Krankheit garantiert. Einmal wurde eine Klassenfahrt geplant, die 80€ kostete. Weil ich mir das einfach nicht leisten konnte, wurde mir gesagt, ich müsse eben daheim bleiben. Daran wurde auch festgehalten. Im zweiten Schuljahr bekamen wir eine völlig unfähige Praxislehrkraft: Sie begann jeden Morgen mit einem Monolog, wie schrecklich faul und schlecht wir doch alle seien. Oft benotete sie Arbeiten mies, nachdem wir diese exakt wie aufgetragen angefertigt hatten. Das war für alle sehr frustrierend. Aber die Lehrer deckten sich gegenseitig, man konnte sich bei niemandem beschweren. Die Zustände an der Schule haben alle emotional sehr belastet, mich noch um einiges mehr als die meisten. Irgendwann bekam ich wegen der Schule Panikattacken. Die wurden mit der Zeit so schlimm, dass ich die Ausbildung schließlich abbrechen musste – drei Monate vor meinem Abschluss.
Ally (18), Nürnberg
Viel Stress um die Schulleitung
Unsere Schule hatte für rund 6 Jahre keinen Schulleiter. Die dadurch anfallenden Aufgaben wurden von Lehrern erfüllt, die aber gleichzeitig noch unterrichteten. Der Schulalltag war von Undurchsichtigkeit, Intransparenz und Überlastung Einzelner geprägt. Vor etwa einem Jahr gründeten Eltern eine Initiative für eine neue Stellenbesetzung. Der einzige Bewerber wurde aber wegen mangelnder Erfahrung und Inkompetenz von der Schulkonferenz und einer großen Mehrheit der Schulgemeinschaft abgelehnt. Aber das Ministerium setzte sich über den Beschluss der Schulkonferenz hinweg und setzte ihn trotz aller Proteste als Schulleiter ein. Er erwies sich jedoch als maßlos unfähig. Die Folgen waren gestresste Lehrer und frustrierte Schüler. Er behinderte all unsere Mitbestimmungsmöglichkeiten. Er blockierte Schülerprojekte wie das Projekt Schule ohne Rassismus durch bewusste Verzögerungen. Im zweiten Halbjahr war er nicht einmal mehr im Schulhaus, da er sich ständig krankschreiben ließ. Dadurch gingen die massiven Probleme für uns alle im Schulalltag weiter. Beschwerden unsererseits wurden an Ministerium und Behörden weitergeleitet, aber einfach ignoriert. Am Ende des Schuljahres wurden auch offene Briefe der Schüler und Eltern an das Ministerium geschickt. Nach einem ganzen Schuljahr voller Stress kündigte er dann doch. Jetzt stehen wir wieder ohne Schulleitung da, in der gleichen Situation wie vorher, und ein Ende ist nicht in Sicht. Wir als Lernende fordern Mitbestimmung, Transparenz und einen korrekten Umgang mit unseren Mitwirkungsstrukturen von einem neuen Bewerber.
Nina (17), Jena-Weimar