Jörg Hofmann ist Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Metall und Mitglied der SPD. Chris ist in der SDAJ und der IG-Metall-Jugend Nürnberg aktiv. Er arbeitet in einem Autohaus im Teiledienst

Der offene Brief an Jörg Hofmann

veröffentlicht am: 5 Sep., 2017

Post von der SDAJ

Jörg Hofmann ist Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Metall und Mitglied der SPD. Chris ist in der SDAJ und der IG-Metall-Jugend Nürnberg aktiv. Er arbeitet in einem Autohaus im Teiledienst

Jörg Hofmann ist Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft Metall und Mitglied der SPD. Chris ist in der SDAJ und der IG-Metall-Jugend Nürnberg aktiv. Er arbeitet in einem Autohaus im Teiledienst

Lieber Jörg,

die IG Metall hat ja vor kurzem einen neuen Tarifvertrag zur Leiharbeit mit den Metall-Arbeitgeberverbänden verhandelt. Klingt vielleicht erst mal ganz gut, ist aber ziemlich kacke. Warum?

Naja, zum einen ist Leiharbeit von unserem Standpunkt aus, aus Sicht von ArbeiterInnen und Angestellten, grundsätzlich abzulehnen. Leiharbeitsplätze sind extrem prekär. Unsere Kolleginnen und Kollegen, die über eine Leiharbeitsfirma eingestellt sind, können jederzeit wieder gekündigt werden und verdienen meistens weniger Geld für die gleiche Arbeit. Das wird durch kleine Tricks ermöglicht, z.B. weil kein Anspruch auf Sonderzahlungen etc. besteht. Leiharbeit wird schon lange nicht mehr benutzt, um sogenannte Auftragsspitzen bewältigen zu können, sondern ist inzwischen gang und gäbe. Leiharbeit wird in Deutschland auch für den ganz normalen Arbeitsablauf eingesetzt. Aber auch das Argument mit den Auftragsspitzen zählt ja nicht so ganz. Jörg, wir zwei Gewerkschafter sollten doch nachdenklich werden, dass das unternehmerische Risiko auf die Beschäftigten abgewälzt wird, aber die Boni nicht. Versteht sich von selbst? Versteht sich von selbst!

Worum geht es dann also bei der Leiharbeit? Leiharbeit dient den Unternehmern als Spaltungsinstrument gegenüber den sogenannten „Arbeitnehmern“. Gleiche Arbeit und gleicher Lohn oder gar gleiche Rechte? Von wegen! Die Belegschaften, also wir, die wir ihnen unsere Arbeitskraft geben, werden gespalten in Leiharbeiter und Stammbelegschaft.
Dass man gemeinsam für die gleichen Interessen kämpfen muss und die Gegner nicht die Leiharbeiter sind, sondern die Gegner in der Chefetage sitzen, kann so leicht verschleiert werden. Dieses Problem kann auch nicht mit einem Tarifvertrag gelöst werden. Gewerkschaften sollten sich deshalb für ein Verbot von Leiharbeit einsetzen, statt zu versuchen diese zu regeln.

Dieser Artikel ist aus unserem Magazin POSITION, Ausgabe #4/17. Du kannst das Heft einzeln bestellen (1,70€) oder abonnieren (ab 10€/Jahr): position@sdaj.org

Dieser Artikel ist aus unserem Magazin POSITION, Ausgabe #4/17. Du kannst das Heft einzeln bestellen (1,70€) oder abonnieren (ab 10€/Jahr): position@sdaj.org

Also, was genau wird eigentlich mit dem neuen Tarifvertrag geregelt? Mit dem neuen Gesetz zur Leiharbeit, das seit dem 1. April gilt und immer noch vollkommen unzureichend ist, wird die maximale Ausleihdauer von Leiharbeitern in einem Betrieb ersteinmal auf 18 Monate begrenzt. Der Tarifvertrag der IG Metall erlaubt es jedoch, die Ausleihdauer auf 48 Monate zu verlängern. Das geht dann aber nur mit einer Betriebsvereinbarung (BV), die der Betriebsrat mit der Geschäftsleitung vereinbaren muss. Nach diesen 48 Monaten (also nach vier Jahren!) besteht dann ein Anspruch auf eine feste Übernahme. Wie allerdings verhindert werden soll, dass die Kolleginnen und Kollegen vorher abgemeldet werden – schließlich sprechen wir hier ja von Leiharbeit!!! – bleibt ein Rätsel. Feste Übernahme also am Arsch… Hoffen wir mal, dass sich nicht allzu viele Betriebsratsgremien für die zweifelhaften Abmachungen hergeben.

Lieber Jörg, du denkst wohl, wer für die Stammbelegschaft das Beste rausholen will, muss eben bei den Leiharbeitern Abstriche und Zugeständnisse machen. Da irrst du dich! Nur zur Erinnerung: Gewerkschaften sind stark durch ihre Einigkeit. Wer meint, bei den Leiharbeitern kann man ja Zugeständnisse machen, sollte aufpassen, dass die losgetretene Welle nicht als Bumerang zurückkommt. Wir bleiben dabei: Solidarität ist unsere Waffe!

Chris, Nürnberg
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