Politik, Militär, Industrie, Medien und Wissenschaft im Dienst der Herrschenden
Die Militarisierung in Deutschland schreitet immer weiter voran. Die Ausgaben für die Aufrüstung der Bundeswehr steigen von Jahr zu Jahr, BundeswehrsoldatInnen müssen mittlerweile fest damit rechnen im Ausland eingesetzt zu werden und auch die Möglichkeit von Einsätzen der Bundeswehr im Inneren wird immer lauter gefordert. Gleichzeitig ist die Friedensbewegung schwächer geworden, von den Massendemonstrationen vergangener Jahre können AntimilitaristInnen und PazifistInnen heutzutage nur noch träumen.
Der Kampf um die Köpfe
Militarisierung bedeutet nicht nur das materielle Aufstocken von Ausrüstung, Waffen, SoldatInnen oder eine erhöhte Aggressivität nach außen. Es geht dabei gleichzeitig darum, diese Entwicklungen in der Gesellschaft salonfähig zu machen und so Proteste gegen den Kriegskurs von Anfang an gar nicht erst aufkeimen zulassen. Auf diesen Kampf um die Köpfe stoßen wir in Deutschland an allen Ecken und Enden. In Schulen können Jugendoffiziere der Bundeswehr den SchülerInnen erklären, warum die Kriege der Bundeswehr notwendig sind und fangen so bereits bei Jugendlichen an, Akzeptanz für die aktuelle Kriegspolitik zu gewinnen. Auf vielen Werbeflächen in der Öffentlichkeit stellt sich die Bundeswehr als wunderbarer Arbeitgeber dar und macht auch vor Berufsmessen nicht Halt.
Was sind Think-Tanks?
Eine besondere Rolle haben dabei die sogenannten „Think-Tanks“ inne. Das sind Zusammenschlüsse von Vertretern aus Politik, Militär, (Rüstungs-)Industrie, Medien und Wissenschaft, die sich untereinander vernetzen und austauschen. Sie werden häufig direkt von Kapitalisten gegründet und finanziert. Das sind aber nicht nur nette Kaffeekränzchen, sondern hier wird mit vielen einflussreichen Leuten aus der herrschenden Klasse über die weitere Politik Deutschlands diskutiert – natürlich im Interesse der Herrschenden. Das Ergebnis der Diskussionen wird dann oft als Strategiepapier der Öffentlichkeit verkauft. Think-Tanks und ihre Strategen werden allzu häufig unterschätzt und auf den Job bloßer Kommentatoren reduziert. Dabei wird verkannt, dass sie einen handfesten Einfluss auf die politische Richtung in Deutschland haben, ohne irgendwie demokratisch legitimiert zu sein.
Das Strategiepapier „Neue Macht. Neue Verantwortung.“
Ein gutes Beispiel dafür ist das Strategiepapier „Neue Macht. Neue Verantwortung.“, das von der Stiftung Wissenschaft und Politik herausgegeben wurde. Bei der Erarbeitung waren über 50 Personen aus Politik, Medien, Militär, Wirtschaft und NGOs beteiligt. Neben dem Ziel, die Interessen des deutschen Kapitals weltweit verstärkt durch militärische Mittel zu sichern, sollten die neuen Ziele dieser Außenpolitik auch effektiver kommuniziert werden, um v.a. auch die Bevölkerung davon zu überzeugen. Gesagt, getan: Am Tag der deutschen Einheit 2013 hielt Bundespräsident Gauck eine Rede, in der er ein verstärktes militärisches Engagement Deutschlands forderte und vertrat damit die Richtung des Strategiepapiers. In dieselbe Kerbe schlugen Reden von Steinmeier und von der Leyen bei der Münchener Sicherheitskonferenz 2014. Da Vertreter der Medien bereits bei der Erarbeitung beteiligt waren, musste man sich um die Darstellung dieser Strategie in den Leitmedien nicht sorgen.
Hetze gegen Russland
Ein weiteres Beispiel dafür, wie bestimmte Haltungen in Deutschland in der Gesellschaft gesetzt werden, kann man an der aktuellen Darstellung Russlands festmachen. In den letzten Jahren wurde in den Medien sehr negativ über Russland berichtet, insbesondere seit dem Kampf um die Ukraine Ende 2013. Wenn die USA andere Länder bombardiert, ist das Verteidigung von Menschenrechten und Bekämpfung von Terrorismus. Greift Russland nun aber z.B. in den Syrienkrieg ein und hilft dort als eine der wenigen Nationen völkerrechtsgemäß der dortigen Regierung, so ist das dagegen ein riesiger Skandal. Menschenrechtsverletzungen, die unter Putin begangen werden, werden hierzulande medial sehr groß aufbereitet, während sich niemand für die zahlreichen Grundrechtsverletzungen in Deutschland interessiert. Das Ziel ist dabei, Stimmung gegen Russland zu machen und das einem deutschen „Erbfeind“ gleichkommende Bild wieder heraufzubeschwören. Und sei es mit Gerede über die „NATO-Ostfront“, an der deutsche Soldaten bitterlich frieren.
Weißbuch der Bundeswehr
Gleichzeitig wurde mit dieser Hetze gegen Russland auch eine weitere Strategieentwicklung des deutschen Militärs vorbereitet. Im Weißbuch der Bundeswehr, das 2016 neu erschienen ist, beschreibt das Verteidigungsministerium mit der Bundesregierung seine für die nächsten Jahre geplante strategische Richtung zum Thema Außen- und Sicherheitspolitik. Dort wird festgestellt, dass Russland eine „Herausforderung für die Sicherheit auf unserem Kontinent“ darstellt. Damit degradieren sie innerhalb von zehn Jahren (2006 erschien das letzte Weißbuch) ihren „festen Partner“ Russland zu einer „Sicherheitsherausforderung“. Zum Glück wurde bereits im Vorfeld eine Stimmung in der Bevölkerung erzeugt, die diese Entwicklung ohne viel Gegenwind zulässt.
Was können wir dagegen machen?
Das alles ist nichts anderes als Klassenkampf der Herrschenden zur Durchsetzung ihrer imperialistischen Interessen. Diesem ideologischen Klassenkampf müssen wir etwas entgegensetzen, um die militaristischen Bestrebungen Deutschlands aufhalten zu können. Dazu müssen wir uns und unsere KollegInnen und MitschülerInnen organisieren und Widerstand entwickeln. Ob eine Störaktion gegen einen Messestand der Bundeswehr, eine Teilnahme am Ostermarsch oder eine Kundgebung in der Innenstadt gegen Rüstungsexporte – wir müssen überall der Kriegshetze der Herrschenden unsere Forderung nach Frieden entgegenstellen.
[Anki, Nürnberg]