Nachgehakt: Wieso ist die SDAJ unabhängig und trotzdem an der Seite der DKP?
Eine Jugendorganisation zu sein ist erst einmal nichts Besonderes. In Deutschland gibt es zahlreiche davon, etwa Pfadfinder, konfessionelle Jugendverbände und parteinahe Jugendorganisationen mit einer langen Tradition bis in das 19. Jahrhundert hinein. Es sind in der Regel Nachwuchsorganisationen, sie erfüllen Erziehungsaufgaben, machen Bildungsarbeit und richten sich in ihren Aktivitäten an eine besondere Zielgruppe, nämlich Kinder und Jugendliche.
Eine besondere Gruppe
Sortiert man die Beziehung zwischen marxistischer Partei und Jugendverband in das obige Schema ein, so liegt man damit zumindest nicht ganz falsch. Natürlich müssen Inhalte des Marxismus gelernt werden, genauso wie das gemeinschaftliche Kämpfen, Solidarität und Organisation. Dennoch sind die Jugendverbände für marxistische Parteien keine reine „Kaderschmiede“ zur Produktion künftiger Parteimitglieder.
Vielmehr orientieren marxistische Jugendverbände in unserer Gesellschaft, die eine Klassengesellschaft ist, auf die Klassenkämpfe einer besonderen Gruppe: Die Arbeiterjugend. Sie ist zwar ein Teil der Arbeiterklasse, hat jedoch besondere Interessen und befindet sich in einer anderen Lebenslage als der Rest der Arbeiterklasse. Junge Menschen gehen häufig noch zur Schule, haben dort besondere Interessen gegenüber Eltern, Lehrern, Schulamt und Kultusministerium. Sie haben aber insbesondere auch besondere Interessen, wenn sie in die Arbeitswelt eintreten: Sie müssen geringere Einstiegslöhne, schlechtere Arbeitsverhältnisse in Ausbildung, Zeitverträgen und Praktika hinnehmen.
Und wenn junge Menschen für ihre Interessen kämpfen lernen, dann ist das keine Nachwuchsarbeit für eine politische Partei im klassischen Sinne. Es geht vielmehr um die Ausbildung selbstbewusster und eigenständiger Persönlichkeiten, die einen Klassenkampf, also einen Emanzipationskampf führen wollen.
Teil einer Kampfgemeinschaft
Der Jugendverband soll also idealerweise selbstständig sein, also eine eigenständige Rolle einnehmen. Das ist in der kommunistischen Weltbewegung nicht immer so gehandhabt worden, was damit zusammenhängt, dass Jugendverbände sich natürlich nicht unabhängig von den politischen und ideologischen Klassenkämpfen um sie herum entwickeln.
Ein kommunistischer Jugendverband wie der KJVD in den 1930er Jahren hatte andere Aufgaben als die frisch gegründete SDAJ im Jahr 1968. Eine SDAJ Ende der 1980er Jahre wiederum war geprägt von der großen Friedensbewegung in Westdeutschland und den Veränderungen in den damaligen sozialistischen Staaten, der sog. Gorbatschow-Ära.
Der Einfluss der kommunistischen Partei auf den Jugendverband war notwendigerweise groß und ist auch heute vorhanden. Die jungen Klassenkämpfer, die sich im Jugendverband organisieren, sind eben nur Teil eines Ganzen. Idealerweise ist der Jugendverband selbstständiger Teil einer Kampfgemeinschaft: Mit der marxistischen Partei, die die Interessen der gesamten Arbeiterklasse vertritt.
[Pablo Graubner]
…Pablo ist Mitglied des Parteivorstandes der DKP und dort zuständig für marxistisch-leninistische Bildungsarbeit