Politiker sind Volksvertreter, mit dem besten Interesse der Bevölkerung im Kopf und Lobbyismus gehört ja irgendwie zu Demokratie dazu. Das haben manche von uns so in der Schule beigebracht bekommen. Dass Regierung und Wirtschaft unter einer gemeinsamen Decke stecken, wird geleugnet. Höchstens wird vielleicht mal erwähnt, dass Gerhard Schröder mittlerweile für Gazprom arbeitet.
Druck auf die EU
Ein gutes Beispiel, um aber das Gegenteil zu beweisen, ist Goldman-Sachs. Mit Wertpapierhandel und Investmentbanking, v.a. als Finanzdienstleister für Großkonzerne, konnte das US-Unternehmen unglaubliche 916 Milliarden Dollar schwer werden. Um aber weiterhin immense Summen an Profit zu garantieren, nimmt es des Öfteren mal nicht gerade kleinen Einfluss auf die Politik.
So z.B. bei der Eurokrise 2010. Nach dem Crash plante die EU nämlich, die extrem risikoreichen Derivate strenger zu regulieren. Daraufhin drohte Goldman-Sachs der EU damit, sich mit seinen Geschäften aus Europa zurückzuziehen, sollte sie ihren Plan umsetzen. Stattdessen forderte das Unternehmen, zusammen mit seiner Lobbygruppe ISDA, ein Expertengremium, das für Richtlinien des Handels beraten sollte. Die EU ging darauf auch ein, gründete ein Expertengremium und besetzte es zum großen Teil mit Mitarbeitern von Goldman Sachs und anderen ISDA Unternehmen, was der Gruppe eine permanente Möglichkeit Einfluss zu üben schuf.
Verschwommene Linien
Neben der Einflussnahme durch schon genanntes, ist es auch ganz interessant sich die Lebensläufe der Goldman-Sachs-Mitarbeiter mal anzuschauen. José Manuel Barroso z.B war zehn Jahre lang EU-Kommissionspräsident, und nach seinem Ausscheiden wechselte er zu Goldman-Sachs. Das Ethik-Komitee der EU-Kommission gab dafür grünes Licht, wegen seiner Aussage, dass er keine Lobbyarbeit betreiben würde. Ein Jahr später fand dann sein erstes Lobbytreffen mit einem EU-Kommissar statt. Das ist kein Einzelfall. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, war vor seinem jetzigen Posten noch Goldman-Sachs-Mitarbeiter und Otmar Issing, weltweiter Berater des Unternehmens, war zuvor Chefvolkswirt der Deutschen Bundesbank und Direktoriumsmitglied der EZB.
Das aktuellste Beispiel ist aber Jörg Kukies, der im Jahr 2000 damit anfing, für Goldman-Sachs zu arbeiten. Er verantwortete mehrere Bereiche und stieg letztlich bis zum Co-Vorsitz der deutschen Goldman-Sachs-Division auf, wo er den Merkel-Berater Alexander Dibelius ablöste.
Dieses Jahr wechselte er dann aber nach 18 Jahren den Arbeitsplatz: Der neue Bundesfinanzminister Olaf “Es gab keine Polizeigewalt” Scholz, holte ihn als beamteten Staatssekretär in sein Ministerium, wo er jetzt für die Themen Europa und Finanzmarkt zuständig ist. Das heißt auch für sein altes Unternehmen.
Wer regiert?
Deutlich wird, wie verstrickt Staat und Wirtschaft tatsächlich sind. Hier wurde gerade mal ein einflussreicher Konzern betrachtet, und es gibt noch dutzende mehr. Gemeinsam mit den Linien zwischen Regierungen, Banken und Konzernen verschwimmt also auch der Glaube, der Staat handelt im Interesse der Allgemeinheit. Es tut sich also die Frage auf, wer regiert wirklich? Unsere Antwort darauf ist einfach: die Reichen!
[Marco, Bielefeld]