Der Ausnahmezustand in Frankreich
Frankreich befindet sich im Ausnahmezustand, nicht nur im Bezug auf deren Sicherheitspolitik. Doch längst geht es hier nicht mehr um Terrorbekämpfung. Grund dafür sind die massiven Reformen der liberalen Regierung, welche scheinbar das letzte Fünkchen Sozialstaatsmodell zerschlagen sollen. In Deutschland kommen überwiegend die Bilder von brennenden Autos, fliegenden Steinen und heftigen Straßenschlachten an – von den dutzenden besetzten Universitäten, vom klaren Charakter der Proteste und von den vielen Streiks bekommt man nur wenig mit. Dabei lohnt es sich, einen deutlichen Blick nach Frankreich zu werfen und sich solidarisch zu zeigen. Denn die Arbeitskämpfe, Besetzungen und Demonstrationen sind klar antikapitalistisch, bewegen eine Menge Menschen und haben ein deutliches Ziel: Die Reformen Macrons aufzuhalten, welche eine klare Offensive der Herrschenden und ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden und lernenden Bevölkerung Frankreich ist. Und das, obwohl auch Teile der deutschen Linken die Wahl Macrons im vergangenen Jahr begrüßten. Denn die Arbeitsrechte sollen massiv eingeschränkt werden, für Universitäten sollen sich Studierende künftig bewerben müssen.
Absturz der Börse, Rücktritt vom Chef
Das ist die Reaktion der stabilen Arbeitskämpfe der Belegschaft der Französischen Fluggesellschaft Air France-KLM, die nicht auf den „Kompromiss“ eingehen wollte, binnen von vier Jahren den Lohn um sieben Prozent zu erhöhen. Aufgrund der wochenlangen Streiks verliert die Aktie des Unternehmens einen Wert von 13 Prozent. Der Vorstandsvorsitzende Jean-Marc Janaillac verkündet seinen Rücktritt. Und auch der Kampf der EisbahnerInnen bringt die Kapitalisten Frankreichs ganz schön ins Schwitzen, auch wenn Sie mit harten Mitteln antworten. Vielen der Streikenden fehlt bereits ein halber Monatslohn. Denn anders als in Deutschland wird in Frankreich kein Streikgeld ausgezahlt, was viele jedoch nicht vom Streiken abhält. Auch die im normalen Arbeitsplan vorgesehenen Ruhetage der Belegschaft werden nicht mehr bezahlt.
Der Staat antwortet mit Repression
Auf Geheiß der Regierung wurden viele der über zwanzig besetzten Universitäten von der Polizei geräumt, dennoch scheint der Protest an vielen der Lehrstätten nicht abgenommen zu haben. Viele Unis sind noch ganz oder teilweise besetzt, weiterhin werden Hörsäle blockiert. Selbst die friedlichen Proteste zum ersten Mai wurden von einer Armee „Antiterroreinheiten“ begleitet.
Vielerorts setzte die Staatsmacht auf eine Eskalationsstrategie. Die Situation in Frankreich macht eines deutlich: Die europäischen Imperialisten sind in der Offensive, die Ausnahmesituation in Frankreich soll vor allem Eines: Die Arbeiterklasse in die Schranken weisen. Und dennoch halten die Kämpfenden im Nachbarland stand.
[Domi, Neumarkt]