DER ROTE KANAL
Jan Fleischhauer (POSITION #5/18)
Als Kolumnist beim SPIEGEL hat sich Jan Fleischhauer einen Namen gemacht. Besonders seine Ausfälle gegen links sind bekannt. Wir haben Christoph von der sozialistischen Wochenzeitung „Unsere Zeit“ (UZ) gefragt, wer dieser Fleischhauer eigentlich ist.
Jan Fleischhauer sinnierte kürzlich über die Frage, ob man als Deutscher Witze über Juden machen darf. Er kam zum Schluss, dass das nicht okay sei, weil der Staat Israel der Bundesrepublik nach dem Krieg geholfen hätte, wieder international anerkannt zu werden. Da sei es „eine vergleichsweise geringe Strafe, nicht das Erste herauszuplärren, was einem in den Kopf kommt, wenn man auf jemanden trifft, von dem man weiß, dass er Jude ist“ meint er. Selbst als überzeugter Atheist möchte man da spontan aus den Hinterlassenschaften seiner Familie den Judenstern des Großonkels hervor kramen, sich in den Zug setzen und Fleischhauer in seinem Zuhause im noblen Vorort Pullach aufsuchen…
WAS TUN MIT SO EINEM…
Wobei aber: Der schottische Philosoph und Ökonom David Hume kam im 18. Jahrhundert zu dem Schluss, dass zwischen dem rational erkennbaren Ist-Zustand und dem daraus folgenden Handeln der Menschen eine vermittelnde Ebene besteht. Diese Ebene umfasst Ethik, Kunst und Recht, aber auch Moral und Religion finden hier ihren Platz. Diese halten einen im besten Fall von allzu großen Dummheiten ab, im allerschlimmsten Fall spornen sie zu größeren an.So scheint es vernünftig, zuerst mal zu schauen, wer dieser Jan Fleischhauer ist und was er macht, bevor man übereilt Dinge tut, die nicht zielführend sind. Fleischhauer ist Journalist und beackert seit 2011 die Kolumne „Der Schwarze Kanal“ auf „Spiegel Online“. Dort greift er regelmäßig Themen auf, die das linksliberale Bürgertum bewegen und verpasst der Frage eine konservative, manchmal ins faschistoide gehende Antwort. So gewinnt man Leser von der „Jawohl“-, wie auch der „Wie kann man nur“-Seite.
…GEISTIGEN BRANDSTIFTER?
Fleischhauers Feinbild lässt sich erahnen. Es ist das schon erwähnte linksliberale Bürgertum, das gerne Snickers an Geflüchtete verteilt, im SUV zum Bio-Bauern fährt und von einem „habt euch doch alle lieb“-Kosmopolitismus träumt. Selbst in diesem Milieu aufgewachsen und sozialisiert, zelebrierte Fleischhauer 2009 seine Absage an alles „Gutmenschliche“ in seinem Buch „Unter Linken“. Dort enthüllt er die Pein, die er mit seinen 68er bewegten Eltern erleiden musste. Es gab kein Fast Food und immer wurde die Befreiung vom Faschismus hochgehalten. Diesen Schrecken will er mit seiner Kolumne und zahlreichen Gastbeiträgen unter anderem in rechten Verschwörungswebblogs, wie „Die Achse des Guten“ und „freiewelt.net“, etwas entgegensetzen.Man könnte es jetzt abtun und sagen, Hume starb 1776 an chronischem Durchfall und wahrscheinlich wird Fleischhauer bis zu seinem Lebensende Durchfall schreiben. Was soll‘s? Aber wenn Hume Recht hat, beeinflusst auch Fleischhauers Kolumne das Handeln der Menschen. Als eingeistiger Brandstifter des Rechtsrucks in Deutschland produziert er nicht nur für seines Gleichen, sondern auch direkt oder indirekt für die, die der linksliberalen Ideologie den Klassenstandpunkt entgegenhalten wollen und dabei den rational erkennbaren internationalen Charakter des Proletariats beiläufig über Bord werfen. Statt „Gemeinsam kämpfen“ heißt es bei ihnen „Proletarier meines Landes vereinigt euch!“. Weder Fleischhauer noch die falsche Orientierung im Klassenkampf sind witzig, aber gemeinsam lösbar.
Christoph Hentschel
[… ist Redakteur der Wochenzeitung „Unsere Zeit“ (UZ), die von der kommunistischen Partei DKP herausgegeben wird]
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