Of Fathers and Sons
LIKES UND DISLIKES (POSITION #01/19)
Über zwei Jahre begleitete der in Berlin lebende syrische Regisseur Talal Derki das Leben einer Familie in der von Dschihadisten kontrollierten syrischen Provinz Idlib. Hierzu gab er sich als Sympathisant der Islamisten aus und gewann so im Vorfeld das Vertrauen des Familienoberhaupts, einem Mitglied der Al-Nusra Front . Sein Fokus liegt dabei auf den beiden ältesten Söhnen, Osama und Ayman.
Derki lässt die Bilder für sich sprechen, Kommentare werden selten eingestreut, und auch was die Protagonisten anbelangt beobachtet Derki mehr als dass, er Fragen stellt oder Aussagen einordnet. Dies ist sowohl Stärke als auch Schwäche der Dokumentation. Zwar wird dem Zuschauer ermöglicht, sich anhand der vielen Einblicke weitgehend ein eigenes Bild von der Situation zu machen, einige Details sind aber ohne Vorwissen schwer verständlich oder gehen gänzlich verloren.
Derki will zeigen wie sein Land durch den Krieg und die vor Ort herrschenden Dschihadisten verroht , so sehr das er es laut eigener Aussage nicht mehr wieder erkennt. Manch einer der den Film sieht dürfte sich aber eher in seinem kulturellen Überlegenheitsgefühl bestätigt sehen oder, und das wäre für die syrische Bevölkerung noch um einiges schlimmer, pocht fortan auf die Notwendigkeit einer militärischen Intervention um dem Grauen dadurch ein Ende zu bereiten.
Trotz dieser Schwäche bleibt „Of Fathers and Sons“ eine gelungene Dokumentation. Der Film vermittelt keine grundlegend neuen Erkenntnisse oder bahnbrechende Analysen aber er schafft etwas das den zig Reportagen und „Expertenrunden“ der letzten sieben Jahre nicht gelungen ist: Er vermittelt einen Einblick in den Alltag, die Gedankenwelt und das Funktionieren einer Gesellschaft im Krieg und unter der brutalen Herrschaft von Dschihadisten. Dschihadisten die vom Westen und seinen Verbündeten in der Region im Kampf gegen die syrische Regierung unterstützt worden sind.
Die Dokumentation wird demnächst auch in deutschen Kinos zu sehen sein.
[Leo, München]
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