Festung Europa (POSITION #01/19)…

veröffentlicht am: 27 Apr, 2019

Festung Europa (POSITION #01/19)

In den angeblichen 70 Jahren Frieden, die uns die EU bescherte, ist „Deutschland“, 1945 zum zweiten Mal völlig geschlagen, wieder zur europäischen Hauptmacht aufgestiegen.

1945 einigten sich die Sieger im Potsdamer Vertrag, die Triebkräfte des deutschen Imperialismus zu fesseln. Großbanken und Industriekonzerne wurden entflochten, die Stahlproduktion wurde beschränkt. Aber die US-Imperialisten waren mit dem Kriegsausgang nicht zufrieden. Sie kontrollierten zwar die kapitalistische Welt, aber die sozialistische Sowjetunion hatte überlebt und inspirierte weltweit die Antifaschistischen dazu, Wege zum Sozialismus zu suchen. Deshalb gab es Kräfte in den USA, die auf einen Krieg gegen die SU hinarbeiteten. Die deutschen Spezialisten aus dem Krieg gegen die SU konnten sich deshalb mit den Kriegstreibern in den USA verbünden. Gemeinsam spalteten sie Deutschland und nahmen in der BRD die entscheidenden Positionen ein, z.B. Heusinger-Bundeswehr, Gehlen-BND, Erhard-Wirtschaftsminister, Abs-Deutsche Bank.

Der Koreakrieg ab 1950, den die USA mit Materialüberlegenheit gewinnen wollten, löste eine Stahl-Nachfragewelle aus. Das „Potsdamer“ Stahllimit der BRD sollte weg. Frankreich war damit aber nicht einverstanden. Die USA fanden eine Lösung, die Grundlage der EU wurde:

DIE MONTANUNION
In der Montanunion erhielt die französische Industrie die politische Führung. In der Arbeiterbewegung war klar, was es bedeutete, den Potsdamer Vertrag zu sprengen. Eine breite Bewegung gegen eine deutsche Wiederbewaffnung sah schwankende Sozialdemokraten an der Seite kommunistischer Kämpfer. Die Adenauer-Regierung reagierte mit dicken Montanunion-Posten für rechte Sozialdemokraten und Polizeiterror für FDJ und KPD. Das Angebot der SU, Deutschland wie Österreich in Neutralität wieder zu vereinigen wurde von Adenauer abgelehnt. Er orientierte auf Wiedervereinigung im US-Lager „am Tag X“. Als der am 17. Juni 1953 kam, wollten sich die USA aber nicht in einen Krieg um Deutschland verwickeln lassen. Auch 1956 in der Ungarn- und Suezkrise konnten sich die Kriegstreiber in den USA nicht durchsetzen. Das brachte Adenauer an die Seite Frankreichs, es entstanden EWG und EG.

EWG UND EG
1956 in der Suez Krise hatten die USA klargemacht, dass sie Weltpolitik allein mit der Atommacht SU machten. Frankreich stand nun vor den enormen Kosten der Atomwaffen-Entwicklung, wenn es Weltmacht bleiben wollte, auch der Algerienkrieg war teuer. Also wurde 1957/58 die Montanunion um die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und wohlgemerkt die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) erweitert. 1961 war die BRD schon die wirtschaftlich stärkste Macht in Europa, Bank- und Industriekonzerne waren wiederhergestellt. Die fast unveränderte Finanzoligarchie herrschte wieder, aber unter Aufsicht der USA. 1963 erweiterten BRD und Frankreich die Regierungszusammenarbeit in den Elysée-Verträgen. 1966 trat Frankreich aus der Führungsstruktur der NATO aus. Das Vertragstrio Montanunion, EWG und Euratom wurde 1965/66 offiziell zur EG fusioniert. Die USA hatten inzwischen versucht, die Hegemonie in Asien mit dem Vietnamkrieg aufrecht zu erhalten. Sie verschuldeten sich zunehmend und mussten 1973 die Kontrolle des Dollarkurses aufgeben. Kanzler Schmid und Président Giscard beschlossen 1975 eine gemeinsame Währungspolitik, um vom Dollar unabhängiger zu werden. Gleichzeitig beschlossen sie eine „europäische“ Aufrüstung der NATO, „um die USA zu entlasten“. In Südeuropa stürzten die US-dominierten faschistische Regimes, die EG wurde größer: Griechenland 1981, Spanien und Portugal 1986.

EU UND EURO
Mit dem Vertrag von Lissabon wurde die EG zur EU, zur Währungs- und Militärunion. Der Euro zementiert die deutsch-französische Vorherrschaft in der EU, weil er schwächeren Staaten keine Abwertung erlaubt. Die Hoffnung der Konkurrenten, das deutsche Kapital würde durch die Einverleibung der DDR gebremst, erwies sich als trügerisch. Die deutsche Finanzoligarchie konterte mit der Agenda 2010, also innerer Abwertung durch Lohnsenkung in bewährter Zusammenarbeit mit den rechten Sozialdemokraten. Seitdem versuchen die französischen Kapitalisten, den Lohnvorsprung durch eigene „Reformen“ wieder einzuholen. Die USA wollen mit dem weltweiten „Krieg gegen den Terror“ ihre militärische und technologische Hegemonie wiedergewinnen. Finanziert wird das mit der „Politik des billigen Geldes“, die aber die anhaltende Weltwirtschaftskrise auslöste. Das deutsche Kapital ist in der Krise stärker geworden und hat die politische Führung der EU von Frankreich übernommen. Jetzt kann die deutsche Finanzoligarchie auch wieder die Frage nach militärischer Weltmacht stellen. Aber: Wie weit soll man die USA offen herausfordern und wie viel Einfluss muss man den Franzosen zubilligen? Im Zweifel wird Aufrüstung mit Unterstützung der USA gegen Russland begründet, Weltkriegsgefahr wird billigend in Kauf genommen.

Die deutsche Finanzoligarchie ist wieder gefährlich geworden. Die Aggressivität der Imperialisten kommt aus dem Missverhältnis zwischen Kapitalakkumulation und Wachstum der Einflussgebiete. Das stärkste objektive Interesse, dieses Missverhältnis zu seinen Gunsten zu ändern hat das deutsche Großkapital. Ihm fehlen dazu aber die militärischen Mittel. Deshalb braucht die deutsche Finanzoligarchie die EU. Mit ihr kann sie die im nationalen Rahmen erkämpften demokratischen und sozialen Rechte aushebeln und schwächere Staaten disziplinieren. Den Konkurrenten Frankreich spannt sie ein, weil sie allein zu schwach ist, um die Rivalität zu den USA offen zu zeigen. Originalton von der Leyen: „Es braucht vertrauensbildende Zwischenschritte und Mitgliedstaaten, die entschlossen vorangehen. Auf dem Gebiet der Verteidigung ist Deutschland gemeinsam mit Frankreich Treiber in Europa.“ Die EU dient dem deutschen Imperialismus zur Verschleierung seiner Großmachtpläne. Deshalb liegt ihm so viel am Mythos vom Friedensprojekt EU.

[Stephan Müller]

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Dieser Artikel erschien in
POSITION #1/2019
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