Der Offene Brief an Manfred Schoch, Betriebsratsvorsitzender von BMW
Lieber Manfred Schoch,
als ich deine Ausführungen zu den „Enteignungsforderungen“ von Kevin Kühnert gelesen habe, musste ich schon stutzen. Klar, als Betriebsratsvorsitzender von BMW hast du klare Vorstellungen, wie der Laden laufen soll β nämlich schön sozialpartnerschaftlich, möglichst ganz ohne Konflikte mit der Kapitalseite. Dieser bescheinigst du, dass sie βnicht die kurzfristigen Gewinninteressen in den Vordergrund stellt, sondern die langfristige Stabilitätβ. Und dir solle Kühnert „mal erzählen, was besser wäre, wenn BMW verstaatlicht wäre.“.
Man möchte einwenden, die 7,2 Milliarden Gewinn könnten schon für sinnvollere Dinge als die Vermögensanhäufung von Stefan Quandt und Susanne Klatten genutzt werden. Aber genau da erwische ich mich bei etwas, was ich mir geschworen hatte, niemals zu tun: die SPD oder VertreterInnen dieser Partei in den Gewerkschaften zu verteidigen. DU, lieber Manfred, überholst also einen Vertreter der Verräterpartei, die den ersten Angriffskrieg nach 1945 von deutschen Boden aus losgebrochen hat, die den größten Sozialraub in der Geschichte dieser Republik (die sogenannten Hartz-Gesetze) zu verantworten hat und auch sonst für jede Schweinerei zu haben ist, von rechts.
Das liegt nicht an dir persönlich und auch nicht daran, dass Kühnert so radikal wäre. Vielmehr lässt es sich durch eine Arbeitsteilung erklären. Während du den Klassenkompromiss jeden Tag auf neue deinen KollegInnen verkaufst und dabei natürlich linke Spinner abwäschst, die zu viel Konflikt mit den Unternehmern wollen, ist es Kevins Aufgabe, den linken Revoluzzer zu spielen. So, wie man das als Juso-Vorsitzender halt so tut, um einerseits immer wieder eine Hoffnung in die alte Tante SPD zu erzeugen, dass es die nächste Generation schon besser machen werde, und um anderseits von wirklich oppositioneller Organisierung abzulenken. Kevin ist auch nicht der erste. Auch Andrea Nahles posaunte „Wer nicht ausbildet, wird umgelegt!“, Olaf Scholz warb für „die Überwindung der kapitalistischen Ökonomie“ und versuchten es so auf die gleiche Weise. Nur war es damals nicht ganz so lächerlich wie heute, weil noch nicht jeder Depp verstanden haben konnte, dass die SPD alles ist, nur nicht antikapitalistisch.
Also lieber Manfred, keine Angst: die SPD will deinen Freunden, den Bossen, nicht ans Leder. Sie will nur nicht ganz in die Bedeutungslosigkeit verschwinden und ihnen an der Regierung noch einige Geschenke machen. Wer tatsächlich will, dass die Herrschenden in diesem Land und anderswo nicht mehr Milliarden und aber Milliarden aus ihren ArbeiterInnen herauspressen, das sind die Kommunisten. Nur wissen die, dass es noch ein langer Weg dahin ist, wenn in den Gewerkschaften solche Ausbeuterversteher wie du nicht unerheblich sind.
Flo, Kiel & das Zeitungskollektiv
Flo ist IG Metall-Vertreter der Jugend im Ortvorstand Kiel /NMS IG Metall.
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