Die Drei von der Autobahn (POSITION #05/19)

veröffentlicht am: 12 Nov, 2019

Am 21.August wurden drei linke Jugendliche aus Nürnberg, die auf dem in den Campingurlaub ins Baskenland waren, von der französischen Polizei nahe Biarritz festgenommen. Nach 2 Tagen wurden sie von einem Schnellgericht zu zwei beziehungsweise drei Monaten Haft verurteilt. Die drei hatten sich 2017 an den Protesten gegen den G20 Gipfel in Hamburg beteiligt. Es ist also wahrscheinlich, dass das Bundeskriminalamt den französischen Behörden ihre Personalien schon im Vorfeld übergeben hat. Man warf den Dreien vor eine „gewalttätige Gruppe“ bilden zu wollen und „linksextreme Dokumente mitzuführen. Das dieser Vorwurf komplett aus der Luft gegriffen war wird schon alleine dadurch bewiesen das die Drei nicht alleine waren. Der Rest der Urlaubsgruppe war bereits im Baskenland angekommen als die drei in Haft kamen. Erst nach drei Tagen wurden die Angehörigen über die Verhaftung informiert – da waren die Drei bereits verurteilt worden. 

 

Klassenjustiz 

Einen so offensichtlichen Fall von politischer Verfolgung gab es in den letzten Jahren selten. Linke die unter fadenscheinigen Gründen von der Straße wegverhaftet und von einem Schnellgericht zu monatelangen Haften verurteilt werden – das kennt man eigentlich aus anderen Zeiten. Auch die Art und Weise wie der Prozess ablief ist erschreckend. An einem der Verhandlungstage wurde das Gerichtsgebäude von Polizisten gestürmt: man warf den Prozessbeobachtern, größtenteils Linke die ihre Solidarität mit den Dreien zeigen wollten, gewaltsame Aktionen vor. Außerdem wurde der Prozess bewusst in die Länge gezogen, die Anwälte beklagten massive Verfahrensfehler. Genau acht Wochen lang saßen die Drei in Haft bis der erste von ihnen endlich nach Deutschland zurückkehren durfteer wurde von den französischen Behörden ,,abgeschoben“. Nach aktuellem Stand, dem 11. Oktober, sind die beiden anderen noch immer in Frankreich im Gefängnis, und auch für den Dritten ist die ganze Sache noch lange nicht vorbei.  

 

Solidarität bleibt notwendig 

Getroffen hat es die Drei, aber gemeint sind wir alle! Der reaktionäre Staatsumbau schreitet voran und die Folgen sind erschreckend. Die Presse schwieg fast komplett über den Vorfall. In den wenigen Artikeln die in bürgerlichen Zeitungen dazu erschienen, wurde das Vorgehen der Behörden gegen vermeintliche ,,linksextreme Steinewerfer“ verteidigt oder zumindest relativiert. Einmal mehr sieht man wem die Presse und dieser Staat als Ganzes gehört. Wir solidarisieren uns mit den Dreien. Zudem müssen wir auf diesen Fall offener politischer Verfolgung aufmerksam machen. Denn wenn die progressiven Kräfte in Deutschland, Frankreich und ganz Europa das nicht tun, dann tut es niemand und eines ist klar: dieser Fall wird definitiv nicht der Letzte gewesen sein. 

 

Alex, Nürnberg 

 

 

Dieser Artikel ist aus der aktuellen POSITION, dem Magazin der SDAJ. Du kannst es für 10€ jährlich abonnieren unter position@sdaj.org

Dieser Artikel erschien in
POSITION #5/2019
Im Archiv ansehen »

Gruppenkarte

finde die SDAJ Gruppe in deiner Nähe!

mehr zum Thema

Likes & Dislikes

Likes & Dislikes

K.I.Z: Und der Anschlag auf die U8 Lustig, leicht verstörend, schmerzhaft nachvollziehbar: klassisch K.I.Z. Während das neue Album „Görlitzer Park“ ungewöhnlich ernst und emotional die Lebensumstände der drei Rapper behandelt, ist das Album zum Album „Und der Anschlag...

mehr lesen
ABC des Antimilitarismus: P wie Polizei

ABC des Antimilitarismus: P wie Polizei

Freunde, Helfer, Streikbrecher? Polizei - hergeleitet vom griechischen Politeia (Staatsverwaltung), auch bekannt als FreundInnen und HelferInnen, von manchen auch liebevoll „Bullen“, „Cops“, „Knüppelgarde“ genannt. Die Polizei begegnet uns mittlerweile fast überall:...

mehr lesen
Generation Z – Zu nichts zu gebrauchen?

Generation Z – Zu nichts zu gebrauchen?

Alle Jahre wieder grüßt die PISA-Studie mit ihren erschreckenden Ergebnissen über das deutsche Bildungssystem. Zumeist beginnt dann die Hetze gegen die „dumme junge Generation“, welche „eh zu nichts zu gebrauchen ist“. Dabei sind es nicht wir, die es dahin kommen...

mehr lesen