Seit gestern stuft das Robert-Koch-Institut die Gefährdung durch das Corona-Virus als hoch ein, die Entwicklungen sind besorgniserregend. Schutzmaßnahmen sind erforderlich und umso dringender, weil unser Gesundheitssystem völlig kaputtgespart ist. Die Folgen der Pandemie werden durch den Staat auf die Bevölkerung abgewälzt. Gemessen wird mit zweierlei Maß: Während es unbegrenzte Kredite für Unternehmen gibt, sind wir es, die auf Kündigungen und Verdienstausfällen sitzen bleiben.
Die Bundesregierung hat den Notstand im Gesundheitswesen selbst verursacht, den sie jetzt beklagt. Mittlerweile sind knapp ein Drittel der Krankenhäuser privatisiert worden und der Anteil der privaten Krankenhäuser steigt stetig an. Die Fallpauschalen führen dazu, dass auch die staatlichen Krankenhäuser auf Profit ausgerichtet sind, statt auf die Gesundheit der Patientinnen und Patienten und das Wohl der Beschäftigten. Das Gesundheitswesen wurde seit Jahrzehnten von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP kaputtgespart und Privatisierung damit erst ermöglicht. Das Ziel der aktuellen Maßnahmen ist, die Ausbreitung des Virus über einen möglichst langen Zeitraum zu strecken, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Fakt ist aber: Es war schon davor weit über der Belastungsgrenze, beispielsweise wenn Pflegerinnen und Pfleger bereits vor der Pandemie zu viele Leute gleichzeitig betreuen mussten. Das Aussetzen der ohnehin zu niedrigen Personaluntergrenzen macht die Situation noch schlimmer. Noch vor wenigen Monaten forderte die arbeitgebernahe Bertelsmann-Stiftung sogar, die Anzahl der Krankenhäuser zu halbieren. Das Ziel im Kapitalismus ist schließlich kein Gesundheitssystem, das Kapazitäten für Prävention oder Krisenzeiten hat und dessen Qualität sich am Wohlergehen der Menschen misst. Folgerichtig sind auch die Pharmakonzerne privat organisiert und kündigten erst vor wenigen Monaten an, aus der Antibiotika-Forschung auszusteigen, weil sie sich finanziell nicht lohnt. Hier gibt es eben nur so viel Gesundheit wie für die Herrschenden nötig und profitabel – und immer häufiger nicht einmal die. Das ständige Argument: Es ist kein Geld da.
Doch nachdem die Ausbreitung von Corona die Profite der Unternehmen gefährdet, gibt es nun plötzlich doch Geld: Die Bundesregierung sichert Unternehmen unbegrenzte Kredite und Steuerstundungen und -erleichterungen in Milliardenhöhe zu. Zudem beschloss der Bundestag vor wenigen Tagen, die Kurzarbeit zu erleichtern. Für die Beschäftigten gibt es allerdings keine Steuererleichterungen und ihre Lohnausfälle zahlt niemand. Schüler und Studierende in Minijobs und Beschäftigte in der Leiharbeit verlieren massenhaft ihre Jobs, Rettungspakete bleiben hier aber aus. Und während Veranstaltungen ab einer bestimmten Größe komplett untersagt werden, zum Beispiel Betriebsversammlungen für die anstehenden Tarifrunden, darf in vielen Großunternehmen weitergearbeitet werden, auch wenn Sicherheitsabstände nicht einzuhalten sind. Dass einige Autokonzerne die Produktion jetzt in einigen Werken einstellen, ist ein Erfolg der Gewerkschaften, die vielerorts Druck gemacht haben. Und trotzdem kommt dieser Schritt viel zu spät. Während sonst überall Veranstaltungen mit mehr als ein paar Dutzend Personen untersagt sind, läuft aber in vielen anderen Betrieben die Produktion trotzdem weiter.
Gegenseitige Solidarität und der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen sind jetzt allerdings nötiger denn je: Massenhafte Kurzarbeit mit Lohnverlusten von 30%-40% und Lohnstreichungen im Zwangsurlaub stellen etliche Werktätige vor enorme finanzielle Probleme. Besonders hart trifft die aktuelle Situation prekär Beschäftigte, denen bereits in großer Zahl gekündigt wurde, Empfänger von Sozialleistungen, die sich bei leeren Regalen nicht einfach das teurere Produkt leisten können, Selbstständige, die die Verdienstausfälle allein tragen müssen, Geflüchtete, die nicht mehr aufgenommen werden und in ihren Massenunterkünften keinen Sicherheitsabstand halten können und bedürftige Menschen, die an den Tafeln kein Essen mehr bekommen.
Die Auswirkungen von Corona treffen auch den Bildungsbereich: Zwar sind Schulschließungen eine notwendige Schutzmaßnahme, angesichts der Lage müssen sich Schülerinnen und Schüler den Stoff für Klausuren aber individuell aneignen. Wessen Eltern nicht in der Lage sind, einem zu helfen, wer sich keine Nachhilfe leisten kann oder wem zuhause eine gute Lernumgebung fehlt, der bleibt auf der Strecke. Damit wird die in Deutschland sowieso schon starke Abhängigkeit der Bildung vom Geldbeutel noch verstärkt.
Dass die deutsche Wirtschaft auf eine Krise zusteuert, ist nicht erst seit Corona klar: Nullwachstum und Massenentlassungen erleben wir schon seit Monaten. Mit den aktuellen Maßnahmen ist aber jetzt schon abzusehen: Der Staat will die Corona-Krise nutzen, um die Krisenkosten im Interesse der Unternehmen auf uns abwälzen. Zudem wird durch den vermehrten Einsatz der Bundeswehr im Innern die Militarisierung normalisiert und auch erste Grundgesetzänderungen, die zum weiteren Demokratieabbau führen werden, sind im Gespräch. Es ist zu erwarten, dass diese Maßnahmen auch nach Corona nicht freiwillig zurückgenommen, sondern gegen uns verwendet werden. Denn schon jetzt zeigt sich: Während die Versammlungsfreiheit bereits nahezu vollständig eingeschränkt ist, wurde die Produktion in nicht-systemrelevanten Betrieben noch nicht verboten, in diesen Unternehmen wird der Corona-Virus zugunsten der Profitsicherung also weiterverbreitet. Wenn die Maßnahmen nach und nach wieder aufgehoben werden, ist davon auszugehen, dass die Einschränkung der Versammlungsfreiheit als letztes zurückgenommen wird: Schließlich hat der Staat kein Interesse daran, dass wir uns gegen die zahlreichen Angriffe auf demokratische und soziale Rechte wehren. Steuerstundungen für Großkonzerne und Grundgesetzänderungen werden jedoch sicherlich nicht zurückgenommen und auch die seit Jahren laufende Normalisierung von Bundeswehreinsätzen im Innern wird wohl fortgeführt werden.
Wie es anders geht, zeigt derweil das sozialistische Kuba: Das Außenministerium betont, dass Gesundheit ein Menschenrecht ist und setzt trotz Wirtschaftsblockade und Handelssanktionen auf internationale Solidarität. Der Inselstaat mit gerade einmal 11 Millionen Einwohnern schickt aktuell Ärzte in alle Welt, darunter Italien und Venezuela, und hat kürzlich ein Medikament entwickelt (IFNrec), das in China bereits erfolgreich gegen Corona eingesetzt wurde. Dass Kubas Gesundheitssystem vorbildlich ist und statt Profiten der Mensch im Vordergrund steht, ist nichts Neues:In Kuba gibt es mit einem Arzt pro 122 Einwohner (Weltrekord!) fast doppelt so viele Ärzte pro Einwohner wie in Deutschland, das Gesundheitssystem ist lokal in polytechnischen Kliniken organisiert und zudem komplett kostenlos. In der Folge steht es sowohl um die Lebenserwartung als auch um die Kindersterblichkeit deutlich besser als beispielsweise in den nahegelegenen USA. Und um Arbeitslosigkeit und Lohnausfälle muss sich dort trotz erster Corona-Fälle niemand sorgen.
In diesen Tagen zeigt der deutsche Staat also einmal mehr, auf wessen Seite er steht: Auf der Seite der Banken und Konzerne. Wir antworten darauf mit Solidarität: Lasst uns gemeinsam gegenseitige Hilfe organisieren und lasst uns gemeinsam für unsere Rechte kämpfen! Wir fordern folgende Sofortmaßnahmen:
- Ausbau des öffentlichen Gesundheitssystems, Schluss mit Pflegenotstand und Fallpauschalen. Rekommunalisierung und demokratische Kontrolle von Krankenhäusern, Enteignung von Pharmakonzernen! – Nur ein Gesundheitssystem, das nicht dem Profitprinzip unterworfen ist, kann den Menschen dienen!
- Volle Lohnfortzahlung für alle, die aufgrund des Coronavirus ihre Einnahmen verlieren. Freistellung bei Lohnfortzahlung in Branchen, die nicht der notwendigsten Versorgung der Bevölkerung dienen.
- Schluss mit der Abwälzung der Kosten von Corona-Pandemie und Krise auf uns! Die Kosten sind durch die Konzerne und durch die Streichung der Rüstungsausgaben zu zahlen.