„Es muss gehandelt, nicht verhandelt werden!“- Hintergründe zum Kapp-Putsch 1920

veröffentlicht am: 20 Mrz, 2020

13. März 1920. Die Marinebrigade Ehrhardt zieht mit Hakenkreuzen am Helm und unter Schwarz-Weiß-Roten Fahnen in Berlin ein. Der “republikanische” General Hans von Seeckt weigert sich, die Reichswehr gegen die Putschisten einzusetzen. Die Regierung Bauer, unter ihnen die Sozialdemokraten Ebert und Scheidemann, fliehen nach Stuttgart. In Berlin werden Mitglieder der Arbeiterparteien, GewerkschaftsfunktionärInnen und kleinbürgerliche DemokratInnen auf offener Straße misshandelt und erschossen.

Wer sind die Putschisten?

An der Spitze der Putschisten steht mit Waldemar Papst einer derjenigen, die führend an der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht während der Januarkämpfe 1919 beteiligt waren. Ebenso verdient um den Arbeitermord ist der General von Lüttwitz: Er schoss auf Befehl Noskes bereits die für ihre Rechte gegen das reaktionäre Betriebsrätegesetz kämpfenden ArbeiterInnen zusammen. Auch General Ludendorff, der Dritte im Bunde, ist kein Unbekannter. In den letzten Kriegsjahren übte er als Chef der Obersten Heeresleitung (OHL) die Militärdiktatur über das Reich aus. Ludendorff ist Mitglied des von der Schwerindustrie (Kohle, Eisen und Stahl) für deren nationalistische Kriegsziel-Propaganda gebildeten Alldeutschen Verbandes. Die Köpfe hinter diesem Putsch stamme

n sämtlich aus dem während des Weltkrieges gebildeten Militärisch-Industriellen Komplexes des Kaiserreiches.

Woher kommen die Freikorps?

Oktober 1918: Die Fronten zerfallen und die Bevölkerung wird wegen der Kriegslasten aufmüpfig. Hungerkrawalle nehmen zu. In einem Brief an Mathias Erzberger, Mitglied der gerade in Bildung begriffenen “liberalen” Regierung unter Prinz Max von Baden, schreibt der hinter dieser Regierung stehende Monopolkapitalist Walther Rathenau (Vorsitzender der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft AEG): „Die Gefahr des Bolschewismus ist gegenwärtig die drohenste. … zu glauben, daß Bolschewismus sich restlos militärisch unterdrücken ließe [sei ein Irrtum]; … In Rußland haben alle Truppen versagt, die man nach den bolschewistischen Zentren führte.“ Es werde sich daher “empfehlen, immunisierte Truppenverbände zu schaffen und zu erhalten. Ob dies genügt ist mir zweifelhaft. Es wird daher kaum etwas anderes übrig bleiben, als zuverlässige Bürgerorganisationen unter der Leitung von Offizieren, unter der Mit

wirkung von Beamten und Unteroffizieren zu schaffen …”. Das ist der Plan zum Aufbau der Freikorps, die danach zur Niederschlagung der Räterepubliken in München und Bremen, zur Zerschlagung der Rätebewegung in Mitteldeutschland, für die Januarkämpfe in Berlin und zum Krieg gegen die junge Sowjetunion eingesetzt werden.

Hinter den Putschisten…

  1. Januar 1919, Berlin. Auf einer Tagung von Führungskräften des deutschen Kapitals wird zum “Bolschewismus als Weltgefahr” referiert. Im Anschluss erklärt Hugo Stinnes (Chemiefabrikant): “Wenn die deutsche Industrie-, Handels- und Bankwelt nicht Willens und in der Lage ist, gegen die hier aufgezeigte Gefahr eine Versicherungsprämie von 500 Millionen Mark aufzubringen, dann sind sie es nicht wert, deutsche Wirtschaft genannt zu werden.” Und die Gelder flossen: In die Werbebüros für Freikorps, die Kassen aktiver Truppen, in “Selbstschutzorganisationen” reaktionär aufgehetzter Kleinbürger. Und übrigens auch in die Kassen der SPD. Immerhin gründete der Sozialdemokrat Otto Wels, als Berliner Stadtkommandant, eine antibolschewistische “republikanische Schutzgarde”.

Diese Freikorps wurden von jenen Leuten geführt, die als “verdiente Offiziere” für die Weimarer Republik die ArbeiterInnen niedergeschossen haben und im März 1920 gegen die Republik marschierten.

Was hatte sich geändert?

Der uns bereits bekannte Chemiefabrikant Stinnes sinniert in einem Brief an den Minister für Wiederaufbau: „Es ist das Zeichen einer wahren Demokratie, dass sie in Zeiten der Todesgefahr ihren Diktator findet. … Es muß gehandelt, nicht verhandelt werden.” Unter dem Druck des Versailler Vertrages meinten vor allem die Schwerindustriellen, sich die Zugeständnisse an die Arbeiterbewegung und die demokratischen Errungenschaften der Novemberrevolution nicht länger leisten zu können.

Als SPD und Gewerkschaften zum Generalstreik gegen die Kapp-Putschisten aufriefen, hatten sie die Erlaubnis der Monopolgruppe der “neuen Industrien” (Chemie und Elektro) in der Tasche. Rathenau und Co. zahlten sogar Löhne für die Teilnahme am Generalstreik, sie hatten ein Interesse an bürgerlicher Dem

okratie, für sie war die Einbindung der Sozialdemokratie eine Grundlage der Profitsicherung. Dafür brauchte man soziale Zugeständnisse und das allgemeine Wahlrecht.

Einigkeit im Kampf gegen handelnde Arbeiterklasse

Als Kapp geschlagen war – durch den Generalstreik der Ar

beiterInnen – marschierte ein gewisser General von Lüttwitz auf Befehl der Reichsregierung ins Ruhrgebiet. Er sollte gegen die rote Ruhr-Armee kämpfen. Diese hatte sich im Abwehrkampf gegen Kapp gebildet und trug wesentliche Forderungen der KPD mit. Wenn es gegen die reale Bedrohung des Systems, die handelnde Arbeiterklasse geht, werden sich die Monopolisten immer einig. Wenn sich unsere Kämpfe also nicht einem vermeintlich demokratischen Teil des Monopolkapitals unterordnen, werden wir zukünftige Freikorps nicht verhindern können.

Die Haltung der KPD zum Putsch kann uns beispielgebend sein: In die allgemein-demokratische Bewegung trugen sie Forderungen wie die Entwaffnung der Freikorps und die Bewaffnung der ArbeiterInnen, die Auflösung der konterrevolutionären Organisationen und andere, die die Macht der ArbeiterInnen stärken und die Macht des Monopolkapitals einengen würden.

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