Der Corona-Virus stellt das bestehende System in jedem seiner Bereiche auf die Probe. Und bei jeder Probe werden die Schwächen mehr als deutlich. So kriselt es auch im universitären Bereich. Die immer größere Einschränkung von Studierendenrechte, die stetige Verschlechterungen der Studienbedingungen und das ewige Kaputtsparen unserer Hochschulen werden auch nach der Pandemie weiterbestehen und finden ihren Höhepunkt in dem Umgang mit der COVID-19-Krise im universitären Bereich.
Seit Jahren ist klar, dass die neoliberalen Bildungsreformen der vergangenen Regierungen und der Bologna-Prozess der EU uns Studierende in prekäre Lebensverhältnisse treiben.
Die derzeitige Regierung plant das Sommersemester als digitales Semester durchzuziehen, während die Wissenschaft ein Nichtsemester fordert. Seit Jahren wird die Digitalisierung der Hochschulen gefordert, doch bisher wurde vermittelt, dass dies ein langwieriger Prozess sei, der genau geplant werden müsse. Nun soll diese Digitalisierung in Form von Online-Seminaren, gestreamten Vorlesungen und Home-Learning innerhalb weniger Wochen ausgearbeitet und organisiert sein. Während die DozentInnen weitestgehend mit der Umsetzung von den Universitäten alleine gelassen werden, sehen sich die Studierenden mit teils unklaren, teils nicht zugänglichen Inhalten, sowie verwirrenden und widersprüchlichen Studienplänen konfrontiert.
Diese Widersprüche werden auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen. Diese haben jetzt mit verzögerten Studienabschlüssen und finanzieller Unsicherheit zu kämpfen. Durch die unklare Kommunikation wird die Unsicherheit der Studierende nur noch verstärkt. Es wird nicht deutlich, wann Prüfungen nachgeholt werden können, wie es um Seminararbeiten steht für die Materialzugriff nötig ist, wie das nächste Semester insgesamt strukturiert wird und wie sich dies auf die Laufzeit des jeweiligen Studiums auswirken wird. Ein reines Online-Semester birgt viele Hürden für Studierende. Allein die Ausstattung, um ein solches Semester durchzuführen ist eine massive finanzielle Belastung. Headset, Laptop, eine gute Internetverbindung können einiges kosten. Auch die familiäre- und Wohnsituation der jeweiligen Studierenden kann die erfolgreiche Durchführung eines Online-Semester stark beeinträchtigen. Studierende, die sich zuhause, um andere Mitglieder des Haushaltes kümmern müssen, sind so noch stärker belastet als zuvor. Studierende mit einer großen Familie wird durch die Schließung der Universitäten ein ruhiger Lernraum verwehrt. Auch die Betreuung durch Professoren wird so erschwert und die Studierenden bleiben auf sich allein gestellt.
Wir fordern:
▶️ Möglichst keine Verzögerung des Studienabschlusses durch Corona Maßnahmen: Unterstützung seitens der Universitäten und des Wissenschaftsministeriums bei der Erstellung vernünftiger Lern- und Lehrmöglichkeiten, bei gleichzeitiger Minimierung der finanziellen Belastung der Studierenden und einer Vereinbarkeit mit der Arbeits- und Lebensrealität der Studierenden.
▶️ Aussetzung der Studiengebühren: für das Sommersemester: An allen Hochschulen, insbesondere den FHs, müssen Studiengebühren ausgesetzt bzw. rückerstattet werden.
▶️ Unbedingte und automatische Verlängerung des BaFöGs für alle Studierende ohne Ausnahme: Es braucht Regelungen, die allen Studierenden zu Gute kommen anstatt bürokratische Lösungen, die oft von der Willkür der Behörden abhängen.
▶️ Kulanzregelung für Praktika: Nicht für den späteren Beruf notwendige Praktika sollen ausgesetzt werden, wenn sie den Studienabschluss verzögern würden. Für berufsnotwendige Praktika muss währenddessen ein Umgang gefunden werden, durch den keine Nachteile bezüglich der Finanzierung oder der formalen Überschreitung der Regelstudienzeit/Langzeitstudierendenklauseln entstehen.
▶️ Zusätzliches Toleranzsemester für alle Studierenden
▶️ Rückerstattung der Hochschulsport-Beiträge
▶️ Verlängerung der Fristen für akademische Abschlussarbeiten
▶️ Keine Kündigung oder “Freistellung” von Universitätspersonal: Das Universitätspersonal darf nicht Opfer von Kündigungswellen oder weiterer Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse werden.
Die letzten Tage haben gezeigt, dass die Prioritäten der Regierung darin liegen „Rettungspakete“ für Großunternehmen zu schnüren, während die Belange der Studierenden und Arbeitenden auf der Strecke bleiben. In Zeiten, in denen wir für unsere Rechte nicht auf der Straße oder unmittelbar auf der Universität kämpfen können, ist es umso wichtiger, dass wir gemeinsam als Studierende, Lehrende und Arbeitende für bessere Studienbedingungen eintreten. Diese Krise darf nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Lasst uns gemeinsam für bessere Bedingungen kämpfen