Häusliche Gewalt in der Quarantäne

veröffentlicht am: 12 Mai, 2020

Jede Stunde wird eine Frau statistisch gesehen gefährlich von ihrem Partner verletzt. Seit Jahren steigt die Zahl der Gewaltopfer an, wie die Statistiken des BKA zeigen. Allein im Jahr 2018 wurden mehr als 114.000 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen durch ihre Ehemänner, Partner oder Ex-Partner. Und das sind nur die registrierten Fälle, die Dunkelziffer wird deutlich höher sein. Gerade jetzt, wo Familien auf engstem Raum regelrecht eingesperrt sind, steigt die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt. Besonders betroffen davon sind Menschen aus den werktätigen Schichten, die zum Teil mit zwei oder mehr Kindern in einer Dreizimmer-Wohnung leben müssen und die aufgrund von Existenzängsten sowieso schon in einer besonders zugespitzten Situation sind.

Folge der Sparpolitik
Frauen, die durch Ausgangsbeschränkungen oder Quarantäne ihre Wohnungen kaum noch verlassen können, sind nahezu abgeschnitten vom Hilfesystem. Die Frauenhäuser waren schon vor Corona überfüllt, in ganz Deutschland gibt es gerade einmal 350. Schon im November fehlten 14.600 Plätze allein in Deutschland und teilweise müssen Opfer viele hunderte Kilometer zurücklegen, um zur nächsten Hilfestelle zu gelangen. Die Situation hat sich mit Corona weiter verschärft: Etliche Frauen, die mit gepackten Koffern vor Frauenhäusern stehen, werden wieder nachhause geschickt werden. Dabei wäre beispielsweise in leerstehenden Hotels genug Platz, um sie unterzubringen – wenn man denn wollte. Die jetzige Situation ist nur die Folge einer jahrelangen Sparpolitik der Bundesregierung.

Gegen konservative Rollenbilder und Spaltung
Während häusliche Gewalt und die Ursachen dafür in den Medien kaum eine Rolle spielen, wird das konservative Rollenbild gefördert, die Anzahl unsicherer Jobs nimmt zu, die Realeinkommen sinken bei steigenden Profiten und ein Recht auf eine ausreichend große Wohnung gibt es nicht. Kein Wunder, schließlich profitieren die Unternehmen vom Bild der Frau als fürsorgliche Mutter und Hausfrau. So wird die Hausarbeit und Kindererziehung von den Frauen meist unentgeltlich übernommen und zudem dienen sie als billigere Arbeitskraft.

Die Gewalt an Frauen ist also keine private Angelegenheit, sondern eine Folge des kapitalistischen Systems. Es ist also ein gesellschaftlich bedingtes Problem, die Ursachen müssen wir politisch bekämpfen. Auch, wenn die Zahlen nach der Pandemie wieder abflauen sollten, ist dies kein Grund zur Erleichterung. Die gegenwärtige Situation verdeutlicht nur, wo wir ansetzen müssen. Wir dürfen nicht aufhören über die Gewaltfälle zu sprechen, müssen sie weiter an die Öffentlichkeit tragen und für den deutlichen Ausbau von Hilfe-Hotlines sowie für die Bewahrung und Aufstockungen von Schutzräumen kämpfen. Die von der Bundesregierung dafür beschlossenen 120 Millionen Euro reichen hinten und vorne nicht aus und zeigen, dass die Bundesregierung das Thema stiefmütterlich behandelt – denn gleichzeitig soll der Rüstungshaushalt auf über 60 Milliarden Euro verdoppelt werden. Wir lassen uns nicht spalten und kämpfen gemeinsam mit Männern und Frauen für unsere Interessen!

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