Militarismus-ABC: Aufrüstung, Bundeswehr, Corona

veröffentlicht am: 8 Jul, 2020

Wie die Bundesregierung die Pandemie für ihre Interessen ausnutzt

Mittlerweile gehört es zum guten Ton in unserer bürgerlichen Demokratie, Gesetzentwürfe genau dann durch den Bundestag zu peitschen, während die Bevölkerung durch Großevents oder -ereignisse abgelenkt ist. Bei der Fußballweltmeisterschaft 2014 wurde mit sehr einseitiger Berichterstattung durch den Bundestag schnell und heimlich eine Diätenerhöhung durchgesetzt. Auch jetzt hat kaum jemand mitbekommen, dass es eine Mandats-Verlängerung der Bundeswehreinsätze in Afghanistan und im Mittelmeer gab. Frei nach der Devise: So lange noch genügend Abgeordnete gesund sind und die breite Öffentlichkeit von der Corona-Berichterstattung abgelenkt ist, schnell durch damit. Und obwohl sich die Situation in Afghanistan seit dem letzten Mandat deutlich verändert hat, wurde das nicht in der Begründung berücksichtigt. So wird nun ein weiteres Jahr die Interessen des deutschen Kapitals, u.a. die Sicherstellung der Handelswege und die Aufrechterhaltung der eigenen Hegemonialsphäre, in Afghanistan gewährleistet.

 

Defender 2020 – Abgesagt oder doch nicht?

Was war nochmal „Defender Europe 2020“ oder kurz „Defender 2020“? Bei diesem Manöver sollte binnen kürzester Zeit eine Generalmobilmachung von fast 40.000 Soldaten aus 19 NATO Mitgliedsstaaten geübt werden, ein Großteil davon aus den USA. Neben den Soldaten sollte auch eine große Menge schwerster Kriegsmaschinerie quer über den Atlantik transportiert werden. Deutschland kommt dabei eine zentrale Rolle zu, nicht nur durch ihre Teilnahme, denn Deutschland sollte Dreh – und Angelpunkt der Kriegslogistik sein. So wurden neben verschiedensten (Binnen-)Häfen auch mehrere Flughäfen und die Infrastruktur der Bahn genutzt. Hier angekommen wäre es gen Osten gegangen, um bei dem Manöver gegen einen „imaginären Feind“ zu kämpfen. Wer hier gemeint ist, wurde auch von bürgerlichen Medien propagiert. So titelte die Rhein-Zeitung, dass das Militärmanöver die „Russen abschrecken“ soll. Das Ganze sollte übrigens um den 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges stattfinden, indem die faschistische Wehrmacht einen brutalen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion führte. So würden 75 Jahre nachdem die Wehrmacht aus der damaligen Sowjetunion vertrieben wurde, deutsche Soldaten direkt an der Grenze Russlands aufmarschieren. Jedoch scheint das Manöver durch die Pandemie erstmal gestoppt worden zu sein – oder doch nicht?
Der Truppentransport wurde Anfang März vorläufig ausgesetzt. Die USA führten jedoch mit bereits verlegten Truppen, „modifizierte Übungsanteile“ in Polen durch, während andere Staaten ihre Kontingente bereits zurückgeholt hatten. Während der Pandemie, welche die ganze Welt im Griff hat und das öffentliche Leben lahmlegt, wird weiter durch die USA Krieg geübt. Unabhängig von der Pandemie wurde verkündet, dass die USA nun jedes Jahr zwei Großmanöver üben will: „Defender Europe“ an der russischen Grenze und „Defender Pacific“ vor der Ostasiatischen Küste. Im Jahreswechsel soll mal das eine, mal das andere Manöver besonders groß werden. Damit reagieren die USA auf das Erstarken der Großmächte Russland und China. Die Bundeswehr mischt bei den Manövern im europäischen Raum mit, lässt es sich aber auch nicht nehmen, im ostasiatischen Raum eine Rolle einzunehmen. Ein deutsches Kriegsschiff wurde in die Region entsandt, denn wie Kriegsministerin AKK feststellte: „auch hier haben wir Interessen“.

Ungebremste Rüstung

Um die Großmachtambitionen des deutschen Kapitals zu gewährleisten, wird seit Jahren ein Kurs der Aufrüstung gefahren. Dazu gehört auch das Ziel, die Rüstungsausgaben auf 2 % des BIPs anzuheben. Jahrelang wurde das Bild von der Notwendigkeit zur Aufrüstung gefestigt. Dabei geht es jedoch um die Interessen der Monopole nach neuen Einflussgebieten und Absatzmärkten. Und wenn man mit Diplomatie mal nicht weiterkommt, muss eben Krieg geführt werden – notfalls ein Weltkrieg. Dafür braucht es eine hochgerüstete Interventionsarmee. So wird ein Bild von einer flugunfähigen Luftwaffe vermittelt, um die Anschaffung von 45 F-18 Kampfjets und weitere 93 Eurofighter-Kampfjets zu rechtfertigen. Allein die Anschaffung der Düsenjäger soll ungefähr 12 Milliarden Euro kosten. Das Friedensnetzwerk ICAN berechnet, dass die ganze Aufrüstung noch viel teurer wird. So soll der ganze Spaß in 30 Jahren, dies entspricht der zu erwarteten Nutzungsdauer, über 100 Milliarden Euro kosten, eingerechnet wurden u.a. Anschaffung, Treibstoff und Wartungskosten. Mit diesem Geld wäre der Sanierungsstau an allen deutschen Schulen zweieinhalbmal bezahlt. 30 der neu gekauften Jets sind 45 F-18 Kampfjets vom Typ „Super Hornet“. Sie sind der Lage, die 20 im rheinland-pfälzischem Büchel lagernden US-Atomsprengköpfe zu transportieren und abzuwerfen. In Büchel übt die deutsche Luftwaffe mit – angeblich veralteten – Tornado-Kampfjets seit Jahren den Atomkrieg. Über die „Nukleare Teilhabe“ der NATO sind deutsche Jetpiloten verpflichtet, dies in Friedenszeiten zu üben und im Falle eines Befehls, diese Massenvernichtungswaffen einzusetzen.

Vom Nichtstun werden keine Kriege verhindert

Die Friedensbewegung in Deutschland hat immer noch zu kämpfen, sei es gegen das Manöver „Defender Europe 2020“ oder gegen das Manöver „Defender Pazifik 2021“, wo nächstes Jahr über 30.000 Soldaten der NATO-Seekräfte einen Einsatz gegen die Volksrepublik China üben. Es gilt dem aktuellen Trend der Aufrüstungsspirale entgegenzutreten. Auch heute noch gelten die Worte unseres Genossen Willi Hoffmeister: „Vom Nichtstun werden keine Kriege verhindert!“

Peter, Mainz

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