Benita (25) aus Neuss arbeitet als Gesundheits- und Krankenpflegerin und berichtet aus ihrer Ausbildungszeit:
Ich arbeite in einer Psychiatrie als Gesundheits- und Krankenpflegerin und ich glaube, einen der wenigen Arbeitsplätze in der Pflege gefunden zu haben, in dem man ohne Burnout oder Frührente arbeiten kann. In meiner Ausbildung war ich aber in einem der unterfinanzierten Häuser, einem somatischen Krankenhaus. Von damals sind mir verschiedene Situationen in Erinnerung geblieben, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Da war zum Beispiel eine Patientin, deren Tablett immer fast voll zurück ging, wobei ich davon ausging, dass sie einfach keinen Appetit hatte. Die gestressten Kolleginnen hatten im Vorbeigehen so etwas erwähnt, nur aus Zeitdruck fiel niemandem auf, dass sie so geschwächt war, dass sie alleine nicht mehr essen konnte. Einen anderen Morgen hatte ich die Patientin frisch machen wollen und bemerkt, dass ihre Unterlage Zeichen von getrocknetem Urin aufwies. Unter Tränen berichtete sie, dass der Nachtpfleger sie angeschrien habe, sie solle nicht mehr klingeln und dass sie es irgendwann nicht mehr habe einhalten können. Sie hatte die ganze restliche Nacht in ihrem eigenen Urin gelegen.
Auf einer anderen Station war ich eines Abends allein mit einem Pfleger für die Versorgung von ungefähr 25 PatientInnen zuständig. Einer der Patienten war an Parkinson erkrankt, was dazu führte, dass er sehr steif war und kein gutes Körpergefühl mehr hatte. Als der Patient sich bei dem Versuch, ihn auf die rechte Seite zu drehen, vor Angst am Bettrand festhielt und nicht loslassen wollte, schrie ihn der Pfleger an und drehte ihn mir solcher Wucht auf die rechte Seite, dass der Patient mit dem Gesicht gegen das Bettgitter schlug. In diesen und vielen anderen Situationen fühlte ich mich oft hilflos. Teilweise suchte ich danach das Gespräch, aber meist wurde mein Anliegen abgetan. Mittlerweile weiß ich, dass ich nicht hätte lockerlassen dürfen.
Wichtig ist mir allerdings zu sagen, dass diese Pfleger keine Sadisten waren. Ich hatte mit ihnen gearbeitet, immer gestresst, ohne Zeit für eine Pause, ein Schluck Wasser oder einen Toilettengang. Ich hatte das nur ein Jahr ertragen müssen, aber sie machten das schon seit Jahren. Sie wurden verbraucht, solange, bis sie beim Versuch, allen gerecht zu werden, nicht mehr die einzelnen PatientInnen sehen konnten. Die meisten PflegerInnen ergreifen diesen Beruf, um mit Menschen zu arbeiten und ihnen zu helfen. Das wird in diesem Gesundheitssystem unmöglich gemacht.
Der Startschuss ist gefallen – auf geht’s in den Stärketest zur Tarifrunde öffentlicher Dienst
Aber was sind die Forderungen? 8 % aber 350 € mindestens Lohnerhöhung Erhöhungen bei Nacht-, Feiertags-, Sonntags- und Samstagsarbeit sowie Überstunden Wahlmodell für Beschäftigte (Geld oder Zeit) Unbefristete Übernahme nach der Ausbildung Für Azubis und ca. 200 €...