Vor 47 Jahren, am 11. September 1973, putschte in Chile das Militär gegen den Präsidenten Salvador Allende. Dessen linkes Bündnis, die Unidad Popular, hatte 1970 die Wahlen für sich gewonnen. In den folgenden drei Jahren wurden Löhne erhöht, die Mieten und Preise für wichtige Grundbedarfsmittel gesenkt, Schulbildung und Gesundheitsversorgung wurden kostenfrei und die Verstaatlichung und Nationalisierung u.a. des Bergbaus, der Textilindustrie und des Bankenwesens initiiert. Die wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes lagen damit erstmals in chilenischer Hand. Zuvor befand sich der Großteil der Industrie in ausländischem Besitz, so auch die für Chile so wichtige Kupferindustrie, die bis dahin zur Hälfte von US-amerikanischen Unternehmen kontrolliert wurde.
Von Anfang an stieß dieser antimonopolistische Weg auf Widerstand durch die heimische Bourgeoisie und den Imperialismus. Die USA verhängten ein Handelsembargo und Sanktionen, der Westen sorgte für offene wie verdeckte Sabotage und beschaffte Millionenbeiträge für die antikommunistische Opposition.
Als am 11. September die Armee unter General Pinochet mit US-Unterstützung ihren Putsch durchführte, war die Freude in Washington und Bonn groß. Ohne Umschweife wurde der Staatsstreich öffentlich begrüßt und das faschistische Regime mitsamt seinem Morden, Vertreiben und Foltern umarmt. Alle sozialen Errungenschaften der Ära Allende wurden zunichte gemacht und Chile nachfolgend zum Versuchslabor neoliberaler Wirtschaftspolitik. Erst 1988 setzt eine langsame Übergangsperiode zur bürgerlichen Demokratie ein. Alte Seilschaften in Politik und Staat, die neoliberale Hegemonie sowie die alte Verfassung von 1980 bleiben jedoch bis heute bestehen.
Gegen diese Zustände, allen voran die desolate soziale Lage, formierte sich in letzter Zeit erheblicher Widerstand. Ausgehend von Oktober 2019 kam es in Chile zu gewaltigen Massenprotesten, die ein Ende von Kürzungsmaßnahmen, Preiserhöhungen und Korruption forderten, aber auch grundlegendere Reformen im Gesundheitswesen und Bildungssektor anstreben. Trotz brutaler Repressionen ließen sich die Proteste nicht abwürgen und die Rechtsregierung unter Präsident Piñera sah sich gezwungen Zugeständnisse zu machen. Eines dieser Zugeständnisse umfasst das Referendum am 25. Oktober in dem über die Ausarbeitung einer neuen Verfassung abgestimmt wird. 32 Jahre nach dem formalen Ende der Diktatur unter General Pinochet haben die Chilenen endlich die Möglichkeit sich von einem weiteren Erbe der Militärdiktatur zu befreien.