Die Scheiße ist kapitalismusgemacht
Da bekommt man doch das Kotzen. Obwohl die Wirtschaftskrise sich schon vor zwei Jahren anbahnte, der massive Stellenabbau bereits Ende 2019 angekündigt wurde und der Schrei der Herrschenden nach Kurzarbeit und Konjunkturpaket über das Land schallte, will man uns immer noch weismachen, dass diese Krise durch die Pandemie verursacht und nicht nur durch sie beschleunigt wurde.
Warum ich mich darüber aufrege? Das Ganze vermittelt doch noch immer den Eindruck, dass es nicht am System liegen würde – für eine Pandemie kann niemand etwas und deswegen müssen wir jetzt den Gürtel enger schnallen. Aber noch einmal fürs Protokoll: Diese Scheiße ist kapitalismusgemacht und hat es in sich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Vergleich zum Vorjahresquartal um 10,1% (!) gesunken. Wenn man den Juni mit dem letzten Jahr vergleicht, stand die Produktion nur bei 87%. Und obwohl uns die “Wirtschaftsexperten“ erzählen wollen, dass sich das Ganze wieder normalisiert, spricht kaum einer aus, dass es sich dabei um den größten Wirtschaftseinbruch seit 1949 handelt.
Und während man für die Lufthansa mal schnell locker-flockig 10 Milliarden Euro klarmacht und das Konjunkturpaket vor allem den Monopolkonzernen nützt, bleiben Kleinunternehmer, deren Beschäftige und tausende Studierende, die auf Nebenjobs angewiesen sind, auf der Strecke.
Wir sitzen nicht alle im selben Boot
Im nächsten Jahr sollen weitere 100 Milliarden Euro Schulden aufgenommen werden, plötzlich ist also Geld da: Unsere Schwimmbäder, Schulen und der kleine Musikladen von Nebenan werden aber nichts davon sehen. Die Kurzarbeit ist zwar von 10 Millionen Beschäftigen (Mai) auf „nur“ 4 Millionen Beschäftigten (August) zurückgegangen, soll aber weiter verlängert werden. Hilft den Leuten halt auch nicht, wenn sie danach trotzdem gekündigt werden. Tausende Beschäftige werden bei Lufthansa, Continental, Airbus und Opel ihren Job verlieren. Und dann geht die „Arbeitgeber“seite im Öffentlichen Dienst noch in die Vollen und spuckt den Beschäftigen mit ihrem Angebot 1,7% Lohnerhöhung vor die Füße, nachdem sie das sozialpartnerschaftliche Angebot über Vertagung der Tarifrunde und Einmalzahlung Anfang des Jahres abgeschmettert hat. Hoffnung macht, dass trotzdem gerade im Gesundheitssektor viele ihre Streikbereitschaft signalisieren. Die KollegInnen fordern insgesamt 4,8% mehr Lohn – was das Mindeste für die 2,3 Millionen Beschäftige ist. Doch keine Illusionen, liebe Freunde: Die Streikbereitschaft außerhalb der Gesundheitsbetriebe ist dennoch gering. Die Parole der Herrschenden „wir sitzen alle im gleichen Boot, ein Streik ist unverantwortlich“ scheint auch viele der KollegInnen zu verunsichern, selbst VertreterInnen der Linkspartei oder der Gewerkschaft blasen in dieses Horn. Es ist zum Durchdrehen!
Wenn wir unseren Arsch nicht hochbekommen, dann sieht es schlecht aus. Und als ob das Abstrafen der „HeldInnen der Corona-Krise“ im TvöD nicht schon peinlich genug wäre, geht der inkonsequente Kurs der Regierung im Umgang mit der Pandemie munter weiter. Wie erwartet sind die Fallzahlen nach der Wiederöffnung der Schule gestiegen. Um die Wirtschaft zu schützen, wird über Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung hinweggesehen. Leute noch mal: Lasst euch nicht erzählen, die Pandemie sei der Grund für diese ganze Scheiße. Sie macht es sicher schwieriger, aber es ist der Kapitalismus, der die vielen Tausend Arbeitsplätze, schlechte Löhne und steigenden Infiziertenzahlen zu verantworten hat!
Domi, Neumarkt
Dieser Artikel erschien in der aktuellen Position, dem Magazin der SDAJ.