Die Würfel sind gefallen: der 46. Präsident der imperialistischen Weltmacht – der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) – wird Joe Biden heißen, dies geht aus den aktuellen Auszählungen der Wahl vom Dienstag auf Mittwoch hervor. Herausforderer und aktueller Präsident DonaldTrump kündigte an, nachdem er sich Tage zuvor selbst zum Sieger gekürt hatte, das Wahlergebnis juristisch anfechten zu wollen, – angeblich sei es zu Ungereimtheiten wie Manipulationen (insb. während der Briefwahl sowie in den knappen „Swing-States“) gekommen – es droht ein tage- oder gar monatelanger Rechtsstreit mit offenem Ausgang.
Von Beginn an wurde der Wahlkampf polarisiert wie personalisiert geführt, die Perspektive der entrechteten Habenichtse spielte keine Rolle: bis hinein in „linke“ Kreise gerierte und galt Biden als „kleineres Übel“, wurde unter dem medialen Trommelfeuer der hiesigen Monopolmedien zum „Anti-Trump“ aufgebaut und erhielt eine Rekordanzahl an Wählerstimmen aus der arbeitenden Klasse in Amerika. Diesem Märchen entgegnen wir: mit Joe Biden betritt ein Mann das Oval Office, welcher seit einem halben Jahrhundert in den herrschenden Kreisen der USA verkehrt, Vizepräsident unter Obama war, Kriege befürwortet und zu verantworten hat (Afghanistan, Irak, Syrien etc.) sowie den Kandidaten einer bestimmten Fraktion des US-amerikanischen Monopolkapitales, repräsentiert. Die herrschende Klasse schien sich im Vorfeld uneins über den kommenden Sachverwalter ihrer Geschäfte zu sein – das Pendel entschied sich augenscheinlich zu Gunsten des senilen 78-jährigen aus Pennsylvania.
Ob dieser eine signifikant andere Politik als sein Vorgänger betreiben wird, erscheint unter diesen Vorzeichen deutlich zweifelhaft – jedoch, Biden stellt eine Art außenpolitische Rückkehr zu den „alten USA“ der Ären Obama, Bush oder Clinton dar. Im Kontrast zum Trumpismus, dem „America First“-Programm, dürfte Biden eine andere Sprache anschlagen, zu internationalen Regelwerken (JCPOA, Pariser Abkommen, UN) zurückkehren, gegenüber Pariastaaten wie Iran, Venezuela oder Kuba Lockerungen bereithalten (ohne dabei das langfristige Ziel aus den Augen zu verlieren) und die Konfrontation auch mit der bekannten „Wandel durch Handel“-Strategie forcieren. Dem drohenden Abstieg und der dem Imperialismus inhärenten Aggression nach Außen, somit auch der brandgefährlichen Eskalation mit der VR China, wird dies keinen Riegel vorschieben. Insbesondere in Bezug auf die Konkurrenz zu China machte Biden deutlich, dass er keine Konfrontation scheue und nicht nachgeben werde. Innenpolitisch dürfte Biden einen neoliberalen Kurs, mit kleinen sozialpolitischen Versatzstücken (bspw. einer Krankenversicherung, Abschaffung privater Gefängnisse etc.), fahren. Bemerkenswert: beide Parteien der amerikanischen Bourgeoisie konnten ihre Wahlergebnisse sowie ihre absoluten Stimmen erhöhen, dies zeigt eindrucksvoll die Integrationsfähigkeit und die herrschaftliche Absicherung der bestehenden Ordnung – eine linke Alternative ist in diesem (Wahl-)System weder vorgesehen noch zu erkennen gewesen, der amerikanische Imperialismus sitzt trotzt seiner national wie international verherrenden Bilanz fest im Sattel. Des bürgerlichen Minimalrechtes auf die Partizipation bei Wahlen beraubt, waren dazu Millionen US-Amerikaner, welche aufgrund des Zwanges zur Registrierung oder aufgrund eines Aufenthaltes im Gefängnis ausgeschlossen wurden.
Während in den Staaten die Stimmzettel kaum in den Urnen verschwunden waren, meldeten sich die Vertreter des deutschen Imperialismus, allen voran Cheflobbyist und Organisator der Kriegskonferenz zu München, Wolfgang Ischinger zu Wort. Ischinger betonte, dass aufgrund der innenpolitischen Spaltung der USA, diese auf unbestimmte Zeit als „Weltpolizist“ und Ordnungsmacht ausfallen werden – der Aufruf zu einem auf eigenen, ökonomisch-potenten Füßen stehenden deutschen Imperialismus und seiner Allmachtfantasien verleitete den SZ-Journalisten Daniel Brössler gar zur Aussage, dass „Deutschland nun stärker aktiv werden müsse in Europa und der Welt“.
Der Zustand der imperialistischen Hauptmacht ist vernichtend: rund 240.000 Tote durch Covid-19, ca. 120.000 Neuinfektionen täglich, fast 50 Millionen Arbeitssuchende, grassierende Armut, Unsicherheit und weltweite Konflikte, Eskalationen oder Handelskriege, – dazu innenpolitische Polarisierung, Spaltung und Unruhen, Rassismus, Gewalt und wirtschaftlicher Niedergang. Doch: die Vermögen der herrschenden Klasse steigen und stiegen Tag um Tag, sie sind mit dem exzentrischen Milliardär zufrieden, er hat ausgedient. Unter Biden wird das Finanzcasino und das außenpolitische Va-Banque-Spiel weitergehen.
Internationale AG der SDAJ, 08. November 2020