Auf die Straße gegen die SiKo in München – Heraus für den Frieden!

veröffentlicht am: 7 Feb, 2022

Was ist die SiKo?

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz (SiKo) treffen sich jährlich VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft und Militär. Die früher unter dem Namen „Internationale Wehrkundetagung“ bekannte Konferenz ist eine private Veranstaltung die aber maßgeblich vom Staat unterstützt und ausgerichtet wird. Neben den Unterstützungen in Form von Steuergeldern sichert ein riesiges Polizeiaufgebot die Konferenz ab, um jegliche Form von Gegenprotest zu behindern, oder sogar zu verbieten, wie es 2002 der Fall war. Im Jahr 2003 waren sogar 35.000 Menschen gegen die SiKo auf der Straße.

Grund für das große Protestbedürfnis ist, was auf der SiKo besprochen wird. RegierungsvertreterInnen der mächtigsten imperialistischen Staaten und ihre Verbündete, sowie einflussreiche VertreterInnen aus Militär und Wirtschaft vernetzen sich, stecken ihre Interessen ab und treffen Absprachen für die nächsten Rüstungsdeals und Kriege. Auch dass die Konferenzorganisatoren sich vorgenommen haben jünger, weiblicher und diverser werden zu wollen [1] ändert nichts daran, dass auf der Konferenz im inoffiziellen, nicht-öffentlichen Rahmen zwischenstaatliche Beziehungen im Hinterzimmer getroffen werden, und so der Grundstein für eine aggressive imperialistische Außenpolitik gelegt wird. Die hohe Aufmerksamkeit der SiKo tut dann ihr übriges, indem die abgesprochenen Positionen der Öffentlichkeit als notwendig verkauft werden, immerhin wurde sie von den wichtigsten Regierungschefs so diskutiert – vorbei am Parlament und unter direktem Einfluss von Wirtschaft und Militärs.

Was werden die zentralen Themen sein?

Der politische Rahmen für die Gespräche auf der SiKo 2022 ist nicht neu. Die westlichen Staaten kämpfen gegen einen Machtverlust auf globaler Skala. Prognosen zufolge wird China schon 2028 die USA als größte Volkswirtschaft ablösen [2]. Auf der letzten (online) SiKo 2021 wurde mehrfach betont, dass „demokratische Werte“ sowohl im eigenen Land als auch in fremden Ländern gegen die „Autokratien“ China, Russland und den Iran verteidigt werden sollen, oder dass feindliche Staaten durch „orchestrierte Aktionen ermutigt werden sollen sich an die Regeln zu halten“ [3]. Gemeint ist damit, dass die NATO-Staaten ihre militärische Stärke spielen lassen wollen, um den eigenen Abstieg zu verhindern und den Zugang zu neuen Rohstoffquellen und Absatzmärkte zu sichern.

Die NATO- und EU-Staaten sind auf gegenseitige Kooperation angewiesen [3]. Die G7 Staaten sagen sie wollen mit kollektiven Kräften die „regelbasierte Ordnung“ aufrecht erhalten, indem sie u.a. gegen Russland ihre militärische Stärke präsentieren [4]. Mit der „regelbasierten Ordnung“ ist die Vorherrschaft der imperialistischen Großmächte der EU, allen voran Deutschland, und den USA gemeint.

Neben einer stärkeren Rolle in der NATO forciert der deutsche Imperialismus strategische Autonomie, also die punktuelle Vertretung eigener Interessen gegen die der Bündnispartner, vor allem gegen die USA. Für das Erlangen strategischer Autonomie sind die deutschen Monopole aber auf die EU und weitere Aufrüstung angewiesen. Das unterstreicht die ehemalige Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer: „Mein Anspruch ist es – unser Anspruch muss es sein – dass Deutschland und Europa die eigene Nachbarschaft und die globale Ordnung aktiv mitgestalten.“ [5] Schritte in diese Richtung sind das Vorantreiben des europäischen Aufrüstungsprogramms PESCO, oder die Planungen um die Anschaffung und Entwicklung des 300 Milliarden Euro (!) teuren europäischen Rüstungsprojekts FCAS, einer Kombination aus hochmodernen Kampfjets, Drohnenschwärmen und künstlicher Intelligenz. Aber auch die Militäreinsätze der EU in der Sahel-Region (insb. Mali) spielen für die Kompetenzerlangung EU-koordinierter Militäreinsätze eine entscheidende Rolle. Nach dem gescheiterten Afghanistan Einsatz waren die Stimmen für 5.000 bis 20.000 SoldatInnen starke EU-Eingreiftruppen laut, also Truppen bestehend aus SoldatInnen aus verschiedenen europäischen Staaten. Die EU solle ihre militärischen Fähigkeiten zusammenlegen, um bei Kriegseinsätzen nicht mehr auf das Wohlwollen der USA angewiesen zu sein und auf Augenhöhe mit diesen zu agieren. So sollen zukünftig deutsche Wirtschaftsinteressen mit der geballten militärischen Kraft der EU auf der ganzen Welt vertreten werden.

Auch die neue Bundesregierung wird den eingeschlagenen Kurs nicht ändern. Die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Eckpunkte sind weitere Aufrüstung, Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erhöhen, mehr (auch bewaffnete) Drohnen einsetzen und weitere Schritte Richtung EU-Armee gehen. Es geht um die „Sicherung“ von Rohstoff und Absatzmärkte für die großen Banken und Konzerne im engen Bündnis mit EU und NATO und darum, Russland und China im „Systemwettbewerb“ weiter einzukreisen.

Und die Lage in Europa ist so angespannt wie schon lange nicht mehr. Die US-Armee führt jedes Jahr mit den verbündeten NATO-Staaten, wie Deutschland, das Großmanöver „Defender Europe“ durch. In diesem Manöver übt die NATO SoldatInnen und Kriegsgerät an die EU-Ostgrenze, also an die russische Grenze zu mobilisieren. Seit dem Zusammenbruch des Sozialismus in Europa ist das Ziel der Aggression durch NATO und EU gegen Russland und seine Verbündeten die Erweiterung der Einflussbereiche in Richtung Osten (Osterweiterung). Die Russische Föderation versucht seither ihrerseits den politischen und wirtschaftlichen Einfluss in Richtung Westen zu erweitern, befindet sich gegenüber dem westlichen Imperialismus aber klar in einer defensiven Position. Insbesondere im Blick auf die kürzlich wieder hochgekochte Situation in der Ukraine ist die imperialistische Aggression durch NATO und EU brandgefährlich. Russland befindet sich hier zwar in der Defensive, wehrt sich aber zunehmend selbstbewusst, bspw. mit Gegensanktionen oder einem Gegenmanöver, bei dem russische SoldatInnen, zeitgleich zu den Defender Manövern, auf der anderen Seite der Grenze, also auf russischem Boden, stationiert sind. Wer hier eigentlich für eine Eskalation sorgt ist klar die NATO.

Derzeit steigt die Kriegsgefahr besonders stark: Um die Auswirkungen der Krise auf die Banken und Konzerne zu dämpfen müssen diese intensivere Ausbeutung der weltweiten Märkte und eine Vereinheitlichung des Weltmarkts anstreben. Nun zeigt sich, dass „friedliche“ internationale Zusammenarbeit umschlägt in politische Machtdemonstration entsprechend der Machtverhältnisse bis hin zum militärischen Konflikt: zum Krieg – der schlimmsten aller Krisenfolgen.

Ein zentraler Bestandteil der Diskussionen auf der SiKo wird die Prioritätensetzung der NATO und seiner Verbündeter sein. Die USA können sich nicht auf zwei große Kriege mit Russland und China gleichzeitig vorbereiten, stattdessen solle der Fokus auf China gerichtet werden [6]. Zum Unmut der Fraktionen in der EU, die auch auf eine Konfrontation mit Russland setzen. Denn die Militärdoktrin der EU, der strategische Kompass der während der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands vorangetrieben wurde, stellt Russland und China als die erklärten Feinde fest und fordert militärisches Handeln gegen beide Staaten. Und zwar auf Basis geheimdienstlicher Informationen, ganz vorbei an jeglicher demokratischer Kontrolle. Falls sich die USA stärker auf China und die Pazifikregion konzentrieren wird, wird die EU, und allen voran Deutschland, ihre eigene militärische Kraft weiter ausbauen um weiter auf Expansionskurs Richtung Osten zu bleiben. Für uns bedeutet das nur eine noch weiter steigende Kriegsgefahr und noch mehr Geld in Bomben und Bundeswehr, das wir dringend benötigen um einen kostenlosen Nahverkehr, Schulsanierungen, mehr Pflegekräfte und Lehrstellen zu finanzieren!

Warum protestieren wir gegen die SiKo?

Jedes Jahr gibt es Proteste gegen die SiKo, an denen sich die SDAJ immer beteiligt. Wir zeigen auf, dass die imperialistische Politik der Herrschenden nicht in unserem Namen geschieht, sondern im Namen der Monopole. Sie sind diejenigen, die an Krieg und Zerstörung in Form von Rüstungsdeals, Absatzmärkten und Einflusssphären profitieren. Die Monopole sind auf den Austausch auf der SiKo angewiesen und der Staat macht ihn mit allen Mitteln möglich. Wir lassen diese Politik nicht unkommentiert und wollen unseren Protest zusammen mit allen auf die Straße bringen, die sich gegen Krieg und andere Machenschaften der Monopole einsetzen. Wir zeigen die Zusammenhänge zwischen der SiKo und der alltäglichen Politik der Herrschenden auf und verknüpfen unseren Kampf gegen die SiKo mit dem Kampf gegen die imperialistische Politik aus unserem politischen Alltag. Denn: Eine Welt des Friedens ist nur möglich, wenn die Verantwortlichen der imperialistischen Politik entmachtet werden und der Kapitalismus abgeschafft wird.

 

Referenzen

[1] Torsten Riecke: „MSC soll unter neuer Führung wirtschaftlich unabhängig bleiben“ Handelsblatt, 5.12.2021

[2] https://www.handelsblatt.com/politik/international/cebr-jahresbericht-experten-china-ueberholt-usa-2028-als-groesste-volkswirtschaft/26750008.html

[3] Tobias Bunde, „Beyond Westlessness – A Readout From the Munich Security Conference Special Edition 2021“, Munich Security Brief (February 2021), DOI: https://doi.org/10.47342/NLUJ4791

[4] G7 Foreign and Development Ministers’ Meeting Communiqué, London, May 5, 2021

[5] Rede der Bundesministerin der Verteidigung Annegret Kramp-Karrenbauer an der Helmut-Schmidt- Universität / Universität der Bundeswehr 17. November 2020 Hamburg

[6] Jörg Kronauer: „Washington will Prioritäten setzen“ junge Welt, 12.01.2022

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