Am Montag, den 12. September ist es zu einem erneuten, bedrohlichen Aufflammen des Konfliktes um die Region Berg-Karabach (armenisch „Arzach“) gekommen. Nach der massiven Eskalation im Herbst 2020 und der darauf folgenden Niederlage der armenischen Armee sind vergangene Woche 105 armenische Soldaten sowie 71 Azeris gefallen. Der Angriff ging eindeutig von Aserbaidschan aus, Raketen trafen diesmal selbst das armenische Kernland, ein Durchbrechen zur autonomen Republik Nachitschewan ist denkbar. Die armenische Seite soll, trotz Protestes, mittlerweile bereit sein, das Gebiet aufzugeben, nachdem die Peacekeeper-Mission russischer Streitkräfte nicht eingegriffen hatte. Mittlerweile gilt seit Mittwochabend ein gefährdeter Waffenstillstand, welcher durch Russland vermittelt werden konnte. Hintergrund des Konfliktes ist Aserbaidschans Anspruch auf das christliche armenisch-besiedelte, fruchtbare Gebiet, welches sich vor 34 Jahren vom mehrheitlich schiitischen Aserbaidschan lossagte, aber es geht offensichtlich offensiv darüber hinaus. Nach 6500 Todesopfern konnte im November 2020 ein durch Russland bewirktes Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan besiegelt werden, welches Aserbaidschan 2/3 der Region Berg-Karabach zusicherte.
Der internationale Background bildet zweierlei – zum einen muss Russland offenbar aufgrund seiner militärischen Manöver in der Ukraine in seinem Status als Schutzmacht Armeniens kürzer treten, zum Anderen – jedoch wesentlich schwerwiegender – wird die aserbaidschanische Eskalation durch die EU sowie das NATO-Land Türkei gedeckt, finanziert und ausgerüstet. Nachdem man sich im rot-grünen Wahn von russischen Energien loslösen mag, ist Aserbaidschan und seine reichhaltigen Quellen ein geachteter und mächtiger Partner im Sanktionsspiel des Westens. Ursula von der Leyen bezeichnete das autokratisch geführte Aserbaidschan gerade erst als „vertrauenswürdigen Partner“, historisch eng sind die Kontakte der deutschen Wirtschaft wie der CDU/CSU zum Alijew-Clan und erst letzte Woche verkündete die Bundeswehr eine engere Kooperation mit der Armee der kaukasischen Ölnation.
Die deutsche Doppelmoral und politische Werte-Heuchelei kennen keine Grenzen, in den Straßen fehlen armenische Flaggen, keine Sondersendung der Tagesschau und keine Krokodilstränen der Parteien – derweil wird die Diskussion über Waffenlieferungen für Kiew wieder aufgenommen.