Seit der Wiedervereinigung wurden mindestens 319 Personen durch Kugeln der deutschen Polizei getötet. Zu vermuten ist allerdings, dass diese Zahl weit unter
der tatsächlichen Anzahl der Menschen, die nach Einwirken der Polizei gestorben sind, liegt. Wie häufig wird jemand festgehalten, gefesselt, sistiert, abgedrängt, geschlagen, mit Wasser und Tränengas oder mit Pfefferspray „behandelt“? Es gibt keine Statistik darüber, wie oft welche Form von physischer Gewalt im Polizeidienst eingesetzt wird. Lediglich zum Schusswaffengebrauch veröffentlicht die Innenministerkonferenz seit den 1970er Jahren eine dürftige jährliche Statistik.
Wundermittel Taser
Auch die Toten durch Einsätze von Tasern werden in dieser Statistik nicht erfasst. Die sogenannten „Distanzelektroimpulsgeräte“ wurden im Rahmen ihrer Einführung immer wieder als deeskalierende Wunderwaffe angepriesen, allerdings sind diese nicht dosierbar und in ihrer Auswirkung nicht einzuschätzen und bleiben damit potenziell tödliche Waffen. In der BRD sind durch den Einsatz von Tasern bereits 7 Menschen ums Leben gekommen, so zuletzt im Oktober in Dortmund. Dort wurde der Taser gegen einen Obdachlosen eingesetzt, der Berichten zufolge in Dorstfeld randaliert habe. Während des Einsatzes soll der Mann einen Beamten geschlagen haben, woraufhin der Taser eingesetzt wurde. Er starb kurz darauf im Krankenhaus. Im Obduktionsbericht wird festgestellt, dass der 44-Jährige schwer herzkrank war. Auch beim 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé, der wenige Wochen zuvor durch die Dortmunder Polizei erschossen wurde, kam zunächst ein Taser zum Einsatz.
Entstehung und Rolle der Polizei
Die deutsche Polizei entstand im 19. Jahrhundert. Sie wurde beauftragt mit der Unterdrückung der Arbeiteraufstände, der Durchsetzung eines Arbeitszwangs und dem Verbot der Landstreicherei. Schon immer und noch heute dient die Polizei dazu, die Verlierer des Systems im Zaum zu halten, die gesellschaftliche Ordnung und damit die kapitalistische Herrschaft abzusichern und das System am Laufen zu halten. Die Rolle der Polizei im Staat ist die des Repressionswerkzeugs. Sie soll die gegebenen Verhältnisse aufrechterhalten und aufkommenden Widerstand klein halten, notfalls mit Gewalt. Sie festigt systematische Ungerechtigkeit und reproduziert sie. Die Änderungen in den Polizei- und Versammlungsgesetzen der letzten Jahre sind Mittel, Widerstand in diesem System präventiv und akut aufzuhalten. Einsatzkonzepte sind flexibler, die strategische Möglichkeit zur präventiven Maßnahme vielfältiger geworden. Vom Taser bis zum Wasserwerfer, vom Hausbesuch zur „verdachtsunabhängigen Kontrolle“- der Staat schraubt die Repression hoch, weil das Gegengewicht noch zu gering und die Zeiten günstig sind, aufkommenden Widerstand gegen die Kriegshetze und die Teuerungen im Keim zu ersticken.