Offener Brief an Funk

veröffentlicht am: 9 Feb, 2023

Liebes Team von Funk, 

mit Reportagen rund um Themen wie Mental Health und Drogen(-politik) u.v.m., aber auch mit einfachen „Infos, Memes und Videos“, habt ihr euch einen Namen unter Jugendlichen gemacht. Ihr habt ein riesiges Netzwerk von Kanälen aufgebaut, die auf allen Social-Media Plattformen vertreten sind und von Kochformaten über Comedy bis hin zu politischen Einordnungen reichen.

Als Sender der öffentlich-rechtlichen erwartet zumindest eure Zielgruppe so etwas wie eine neutrale Berichterstattung. Doch auchwer sich solche Illusionen im Vorfeld nicht gemacht hat, kann sich trotzdem von eurer Berichterstattung zum Ukrainekrieg nachhaltig erschüttert zeigen. Gerade euer Format „DIE DA OBEN!“ konzentriert sich entgegen seinem Namen nicht so sehr darauf, den deutschen Herrschenden auf die Finger zu schauen, sondern hat es sich augenscheinlich zur Aufgabe gemacht,
Kriegshetze und Propaganda entweder unkommentiert zu verbreiten oder sogar selbst zu verschärfen. Anstatt die Ursachen für den Krieg zu untersuchen oder die deutsche Regierung aufzufordern, sich für Verhandlungen einzusetzen, wird Stimmung gemacht gegen alles und jeden, der sich kritisch zum aktuellen Regierungskurs äußert.

Etwa sind für Euch AfD und Linkspartei zwar irgendwie nicht dasselbe, aber schon beides Putin-Versteher, so zumindest der O-Ton in Eurem Video „So verteidigen AfD und Linke Russland“. Eigene Kritik an den Herrschenden kommt aus einer denkbar falschen Motivation: Die deutsche Regierung mischt sich nicht genug ein und die beschlossenen 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr sind zwar schon viel Geld, aber eigentlich noch nicht genug. Zumindest könnt ihr die im Titel eines eurer Videos gestellte Frage „Braucht die Bundeswehr wirklich 100 Milliarden?“ klar mit „Ja“ beantworten. Euer Fazit bisher: der Westen müsse nun Stärke beweisen, härtere Sanktionen verhängen und mehr Waffen liefern, um die Ukraine nicht im Stich zu lassen. Sicherlich kann man von 15-minütigen Videos mit reißerischen Titeln keine tiefgreifenden Analysen erwarten, aber über die Geschichte vom vermeintlichen „verrückten Einzelkämpfer Putin“ müsstet doch auch ihr mittlerweile hinaus sein. Wobei ihr in einem Baerbock-Fan-Beitrag zur „Feministischen Außenpolitik“ sogar eine Erklärung für dessen Verhalten liefern könnt: toxische Männlichkeit, na klar. Wenn das also eure Analysegrundlage ist, dann überraschen auch andere Formate nicht mehr. Videos wie „onlyFans fürs Militär:

So leisten junge Ukrainer:innen Widerstand“ sind für einen öffentlich-rechtlichen Sender normal und cool, und wenn eine kriegsbegeisterte junge Frau darin lachend sagt, sie müsste alle russischen Soldaten so brutal wie möglich umbringen, dann wird auch nur noch halbherzig versucht, diese Aussage abzumildern, und zwar mit dem Hinweis, Putin sei an diesem Hass selbst schuld. Ob die Frau aus eurem Filmchen, die den Krieg zuvor als „fun adventure“ bezeichnet hat das auch so sieht, erfahren wir leider nicht mehr. Der Journalist tut alles, außer kritisch nachzuhaken.

Das ist schade, eigentlich habt ihr in der Vergangenheit gezeigt, dass ihr durchaus in der Lage seid, spannende und sogar investigative Recherchen durchzuführen. Vielleicht wäre es gut, euch wieder auf eure Zielgruppe zu besinnen und eure Ressourcen und Fähigkeiten zu nutzen, um journalistischer Arbeit nachzugehen, anstatt 14- bis 29-Jährige auf den Krieg einzustimmen. Denn die Jugend hat kein Interesse daran, weiter unter Einsparungen in allen Bereichen ihres Lebens zu leiden, während Rüstungskonzerne im Namen der Freiheit mit Geld vollgepumpt werden.

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