Wenn die Regierenden in diesem Land nicht in unserem Interesse handeln, müssen wir sie zwingen. Dass eine Verhandlung um höhere Löhne wenig mit besseren Argumenten und Kompromissen zu tun hat, zeigen die Berichte aus den Verhandlungen. Es stehen zwei entgegengesetzte Interessen gegenüber, und wer sich durchsetzt, hängt von der Kampfkraft ab. Die haben wir als Arbeiterinnen und Arbeiter fast ausschließlich im Streik.
Streik ist mehr als ein ritualisierter Arbeitskampf, es ist der Austritt aus der Vereinzelung, es ist der Zusammenschluss, der eine Kraft entfaltet, die wir im sonstigen Arbeitsalltag nicht zeigen können. Während der Tarifrunde konnte man dies eindrucksvoll sehen, als bis vor der dritten Verhandlungsrunde 400.000 Streikende gezählt wurden und auch branchenübergreifend der große Streiktag zusammen mit der EVG realisiert wurde.
Dieses Mittel wird nun wohl leider nicht voll ausgeschöpft. Wenn ver.di sagt: „mehr war leider nicht drin in Gesprächen mit diesem Arbeitgeber“, dann mag das stimmen. Was man den Arbeitgebern aber mit einem Erzwingungsstreik hätte abringen können, steht auf einem anderen Blatt. Für viele Kolleginnen und Kollegen reicht dieses Ergebnis nicht aus.
Dass die anstehenden Kämpfe aber nicht leichter werden, zeigen uns die Haltungen der Arbeitgeber. Sie sind in keiner Weise bereit, etwas gegen den Fachkräftemangel zu unternehmen. Eine deutliche Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und Ausweitung der Übernahme gab es nicht. Auch die Weiterführung der Altersteilzeit wurde verweigert. Das sind schlechte Ausgangsbedingungen für einen Kampf gegen die Überlastung im öffentlichen Dienst und für eine Arbeitszeitverkürzung. Kämpfe, die wir notwendigerweise führen müssen.
Auch wenn viele Kolleginnen und Kollegen mit diesem Abschluss unzufrieden sind, ist es die falsche Schlussfolgerung, auszutreten oder nicht mehr solidarisch mit der Gewerkschaft zu sein. Der Weg für bessere Ergebnisse: Die Gewerkschaft und die innergewerkschaftliche Demokratie stärken, der Hetze gegen Streik und Gewerkschaft entgegenwirken. Austritt ist der Weg hin zu Lohnsenkung und Arbeitsplatzabbau.
Um die Menschen für die Arbeit in der Gewerkschaft zu begeistern, braucht es Arbeitskämpfe und Erfolge. Hier ist jeder gefragt sich auch abseits der Tarifrunde im Betrieb für bessere Bedingungen zu kämpfen und sich in der Gewerkschaft für mehr Basis- und Bildungsarbeit einzusetzen.