Lehrermangel, marode Schulen, Überstunden. Gründe, sich gegen die aktuellen Arbeitsbedingungen an deutschen Schulen zu wehren, gibt es genug, doch in Deutschland ist es bis zu 90 % der Kolleg:innen verwehrt, durch Streiks Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen zu nehmen, da verbeamteten Kolleg:innen kein Recht auf Streik haben. Den Verzicht auf das im Grundgesetz garantierte Recht erkauft sich der deutsche Staat durch höhere Gehälter, weniger Abgaben und eine sicherere Altersvorsorge. Damit wird die Belegschaft gespalten und ein ruhiges Hinterland im Klassenzimmer garantiert.
Anlass für die Verhandlung vor dem EGMR war eine Streikteilnahme mehrerer verbeamteter Lehrer:innen, die einem Aufruf der GEW zum Streik gefolgt waren, um ihre angestellten Kolleg:innen im Kampf gegen Reallohnverluste zu unterstützten. Ihnen drohte ein Disziplinarverfahren, gegen das die GEW zunächst vor dem Bundesgerichtshof und zuletzt nun vor dem EGMR vorgegangen ist – beide Male ohne Erfolg. In den meisten anderen europäischen Ländern ist es verbeamteten Lehrer:innen erlaubt zu streiken.
Der deutsche Staat und der EGMR sehen allerdings die „deutsche Beamtentradition“ als höheres Gut als das Menschenrecht auf Streik, und ernteten dafür bereits Kritik von den Vereinten Nationen.
Statt Solidarität unter den Angestellten gegen die Zustände an deutschen Schulen, sieht der deutsche Staat lieber, dass sich der Unmut der angestellten Lehrer:innen auf die bessergestellten verbeamteten Kolleg:innen richtet. Eine nützliche Spaltung vor dem Hintergrund der immer schlechter werdenden Bedingungen für alle Kolleg:innen an Schulen.
Auch wenn das Streikrecht auf dem gerichtlichen Weg nicht errungen werden konnte, geht der Kampf gegen die Spaltung weiter.
Organisiert euch in der Gewerkschaft und seid solidarisch mit euren Kolleg:innen. Egal welchen Status sie haben! Nur gemeinsam können wir etwas verbessern!