Beziehungen zwischen Menschen werden vermittelt über “gemeinsame Sachen”, Bindungen erwachsen aus Gemeinsamkeiten, die einer Beziehung Inhalt und Zusammenhang geben. Solche Gemeinsamkeiten ergeben sich in den verschiedensten Bereichen des Lebens: Eine gemeinsame Freizeitgestaltung, gemeinsame Interessen, eine Verbundenheit durch den Beruf oder gemeinsamen politischer Kampf für die Veränderung dieser Gesellschaft. Ein weiterer Moment für die Entwicklung persönlicher Bindungen resultiert aus Rückhalt und Vertrauen, welches beide Seiten aus einer Beziehung gewinnen. Das Gefühl, sich in jeder Lebenssituation aufeinander verlassen zu können, Sicherheit in der Beziehung zu finden, oder zumindest Verständnis vom Partner / der Partnerin zu bekommen. Da Gemeinsamkeiten und emotionaler Rückhalt die wesentlichen Grundlagen von Zweierbeziehungen sind, entstehen diese in aller Regel auch in solchen Lebenssituationen, in denen Entwicklungsmöglichkeiten hierfür vorhanden sind.
Zuneigung, Verständnis und Liebe in einer Beziehung entwickeln sich erst allmählich in einem Prozess des gegenseitigen Kennenlernens. Sich kennenlernen, das heißt vor allem, gemeinsam etwas tun, gemeinsame Erfahrungen machen. Zugleich bedeutet es, zu lernen, miteinander zu sprechen. Darüber, was einem wichtig ist: schöne Erlebnisse, seine Arbeit, Probleme und Sorgen – darüber, was man am Partner / der Partnerin, an der Beziehung gut oder schlecht findet. Daran muss man gemeinsam arbeiten.
Aber: gehen dabei nicht die Gefühle kaputt? Nein! Sie gehen kaputt bei einer selbstquälerischen, permanenten Verständigung über die Beziehung, in der man die Möglichkeit verbaut, einfach was zusammen zu machen, unbefangen seinen Einfällen nachzugehen, sich eben einfach gemeinsam wohlzufühlen. Aber alles einfach laufen zu lassen ist auch riskant, denn dabei läuft man Gefahr sich als Individuen innerhalb der Beziehung zu verlieren. Daher muss man auch an den Aufbau einer Beziehung bewusst herangehen, man kann und muss eine Beziehung auch gemeinsam bewusst gestalten: Wir leben in einer Gesellschaft, die beständig Verhaltensweisen produziert und die entsprechenden moralischen Werte propagiert, die zwischenmenschliche Beziehungen behindert, ja, sogar zerstören können. Der Kapitalismus erzeugt Konkurrenzverhalten, Ellenbogenmentalität, Gleichgültigkeit gegenüber anderen, Egoismus, Individualismus und Benachteiligung sowie Unterdrückung der Frau.
An unsere Beziehungen stellen wir einen Anspruch, basierend auf humanistischen Werten und Vorstellungen. Deshalb gilt es auch im Privaten gegen diese “Gesetze”, welche uns im Kapitalismus schon von klein auf eingetrichtert werden, anzukämpfen. Wir müssen stattdessen ein solidarisches Verhältnis der gegenseitigen Unterstützung und Rücksichtnahme, welches die persönliche Entwicklung beider PartnerInnen fördert, setzen. Das beginnt schon dabei, dass man sich gemeinsam für Fragen der Beziehung, beispielsweise die Frage nach dem Verhütungsmittel, verantwortlich fühlt. Solidarität in einer Beziehung heißt, die Interessen, Bedürfnisse und Sorgen des anderen ernst zu nehmen und zu helfen, wenn man gebraucht wird.
Und Solidarität heißt auch, offen Kritik am anderen zu üben, ihn dabei zu unterstützen, Schwächen oder Fehler zu überwinden. Auf diese Weise entwickeln wir uns gegenseitig in Beziehungen weiter und schöpfen aus ihnen Kraft und Rückhalt. Das funktioniert aber nur, wenn man zuverlässig ist und offen miteinander umgeht. Wir dürfen nicht vor den Problemen, falls sie denn auftauchen, kapitulieren, wir müssen sie gemeinsam ansprechen und lösen. Das stärkt die Beziehung und das stärkt auch uns.
Doch trotz alledem kann es zu Beziehungskrisen kommen. Dabei gibt es sicherlich viele Erscheinungsformen von Problemen und Schwierigkeiten in einer Beziehung, die eben zu einer Krise führen können. Im Allgemeinen wird eine Krise oftmals erst durch krasse Probleme, beispielsweise dann, wenn einer oder beide fremdgehen, sichtbar. Doch dahinter liegen in der Regel Probleme, die schon vorher existierten: man hat sich nichts mehr zu sagen, Routine und Gleichgültigkeit schleichen sich ein, Aggressivität und Streitereien um Kleinigkeiten häufen sich – kurz: die Ansprüche, die man früher an die Beziehung gestellt hat, werden reduziert und nach außen verlagert. Beispielsweise werden irgendwann Probleme, wichtige Erfahrungen oder Ähnliches nicht mehr mit dem Partner/ der Partnerin besprochen.
Grundlegend scheint es eine übergreifende Ursache für Beziehungskrisen zu sein, wenn es zu Stagnation oder gar Hemmung der persönlichen Entwicklung eines oder beider Partner kommt. Aber egal, was im Einzelnen zu einer Beziehungskrise führt, bewältigen kann man sie nur durch Verständigung über die Gründe und gemeinsamer Aussprache. Gespräche mit dritten helfen oftmals weiter und wirken versachlichend, was zu einer Klärung beitragen kann. Zudem geht durch Gespräche mit dritten ein gewisser Druck aus, sich rationell zu verhalten. Der Sinn von Gesprächen liegt darin, gemeinsam zu begreifen, was abgelaufen ist und darauf gestützt, gemeinsame Konsequenzen zu ziehen. Der Umfang dieser Konsequenzen ist wohl immer individuell. Doch egal wie die Konsequenzen einer Beziehungskrise sind – Trennung oder nicht – wir müssen fair und solidarisch miteinander umgehen und diese Schritte gemeinsam gehen und dürfen den Partner/ die Partnerin nicht unüberlegt vor vollendete Tatsachen stellen.
Flo, Bamberg