Dem Siedlerregime in den Rücken fallen

veröffentlicht am: 28 Jul, 2024

Zum Protest in Israel gegen die ultrarechte Regierung Netanjahu

Anlässlich der zahlreichen Demonstrationen in Israel und des internationalen Protests gegen den Völkermord in Palästina sprach POSITION mit Layana Khoury über die Wahrnehmung des Genozids und den fortschrittlichen Protest gegen die israelische, ultrarechte Siedlerregierung.

Layana Khoury ist 27 Jahre alt, lebt in Haifa und ist Redakteurin der Zeitung „Al-Ittihad“ der Kommunistischen Partei Israels (Maki). Sie war internationale Sekretärin der Young Communist League of Israel (YCLI).

 

POSITION: Layana, du bist Kommunistin in Israel und Mitglied der Young Communist League. Wie wird die kommunistische Jugend gerade in Israel wahrgenommen? Wie reagiert die israelische Gesellschaft auf euch?

Layana: Wir als kommunistische Jugend fordern einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und den Wiederaufbau des Gaza-Streifens, der Opfer der brutalen Aggressionen der letzten acht Monate ist. Die rechte Siedler-Regierung (Israels, Anm. d. Red.) und ihre Waffen unterdrücken jede Stimme, die sich gegen die Weiterführung der Aggressionen ausspricht, während sie den Sprachrohren des Faschismus freie Bahn lässt um Rassismus und Hass in Israel zu streuen.

Wie wird die Offensive gegen Rafah aktuell von der israelischen Öffentlichkeit wahrgenommen?

Layana: Leider fügt sich die Mehrheit der israelischen Bevölkerung der Behauptungen, mit denen die Besatzungsregierung die Invasion von Rafah rechtfertigt und schert sich nicht um die Ermordung Unschuldiger, die Zerstörung und die brutale humanitäre Krise in Gaza. Doch wir, die wirklichen Linken, die sich gegen Besatzung, die Siedlungspolitik und Rassismus stellen, bleiben standhaft, auch wenn wir eine Minderheit sind. Wir betrachten die Invasion von Rafah als weitere Eskalation der humanitären Katastrophe, die es unwahrscheinlich macht, dass es zu einem Waffenstillstand kommt.

Welche Rolle spielt die YCL im Widerstand gegen die Kriegspolitik der israelischen Regierung? Wie wird die Opposition wahrgenommen, wie organisiert sie sich und aus welchen Kräften besteht sie?

Layana: Die kommunistische Jugend und die Anti-Besatzungs-Kräfte organisieren den Protest in zahlreichen Städten und Ortschaften. Darüber hinaus sind Mitglieder der kommunistischen Jugend Teil der Anti-Kriegs- und Anti-Aggressionsbewegungen in den Universitäten. Die Polizeirepressionen, die sich gegen Antikriegs-Demonstrationen, die Äußerung von Slogans gegen die Aggression und das Töten und sogar gegen das Hissen der palästinensischen Flagge als Ausdruck der Solidarität mit dem palästinensischen Volk richten, können nicht verhindern, dass sich AktivistInnen allen Solidaritätsversammlungen mit dem palästinensischen Volk und gegen die fortdauernde Aggression sowie die Siedlerregierung anschließen. Seit Beginn der Aggression hat die israelische Polizei in großem Umfang ungerechtfertigte Verhaftungswellen gegen arabische wie jüdische AktivistInnen gestartet, die sich gegen die Besatzung aussprachen und im gleichen Zuge haben die Exmatrikulation einer großen Zahl von StudentInnen wie ProfessorInnen, politisch motivierte Kündigungen und weitere Drohungen stattgefunden. Dies alles natürlich zusätzlich zu den ohnehin stattfindenden „administrative detentions“ (gemeint ist die Internierung von Menschen ohne oder mit unfairen Verfahren, Anm. d. Red.) von vielen jungen arabischen AktivistInnen. Es muss hier hervorgehoben werden, dass viele Mitglieder der kommunistischen Jugend, die nach dem Gesetz Wehrdienst in der Besatzungsarmee zu leisten haben, diesen Dienst verweigern und deshalb zu mehreren Monaten Haft in Militärgefängnissen verurteilt wurden, einfach nur weil sie sich weigerten Teil der Besatzungsarmee zu sein.

Nehmen die Repressionen gegen kritische Stimmen in Israel zu? Wie äußern sich diese?

Layana: Wir nehmen einen bemerkenswerten Anstieg der Zahl Derjenigen wahr, die sich gegen Krieg aussprechen, und das trotz der Polizeigewalt gegen DemonstrantInnen, Einschüchterungsversuche und die Verfolgung von AktivistInnen. Trotz alledem, die Tragik der Situation und die humanitäre Katastrophe bewegten Viele dazu aktiv zu werden und sie ich die aktuellen Proteste einzubringen.

Wie wird der internationale, palästinasolidarische Protest in der israelischen Öffentlichkeit wahrgenommen?

Layana: Die Mehrheit der israelischen Gesellschaft ist empfänglich für die Behauptungen und Rechtfertigungen der Regierung, die behaupten, dass Solidarität mit Palästina „antisemitisch“ sei. Aber natürlich sieht die Antikriegs-Linke die großen Demonstrationen und vor Allem den Mut der Studierenden und DozentInnen, die sich selbigen anschlossen. Wir grüßen alle Demonstrationen der Welt, die die Botschaft von Frieden und Freiheit verbreiten und sich gegen die Aggression, das Töten und die Vertreibung richten. Diese Demonstrationen zu sehen macht uns Mut, besonders weil sie auch unsre Botschaft verbreiten. Dazu kommt, dass diese Demonstrationen ein klarer Beweis dafür sind, dass die palästinensische Frage eine reale, internationale, humanitäre und politische Frage ist, die alle AntiimperialistInnen überall auf der Welt angeht.

Das Interview führte Max, Solingen

 

Bild: Die jährliche Kundgebung der kommunistischen Partei von Israel und der Hadash-Partei in Tel Aviv 2023 gegen die Besatzung (Foto: Zo Haderech)

Gruppenkarte

finde die SDAJ Gruppe in deiner Nähe!

mehr zum Thema

Werben fürs Sterben: Das Spielen mit Zukunftsängsten

Werben fürs Sterben: Das Spielen mit Zukunftsängsten

Kriegsherde in aller Welt, steigende Preise, Spaltung der Gesellschaft: Krisen im In- und Ausland bestimmen unser Leben. In ihren groß angelegten Werbekampagnen greift die Bundeswehr die wachsende Unsicherheit unter Jugendlichen auf. „Was zählt, wenn die Welt um uns...

mehr lesen
Märchen der ausbildungsunwilligen und unausbildbaren Jugend

Märchen der ausbildungsunwilligen und unausbildbaren Jugend

Der sogenannte „Fachkräftemangel“ und die Akademisierung (immer mehr Abiturienten, immer weniger Azubis) ist seit Jahren ein permanentes Thema. In den bürgerlichen Medien ist schnell ein Verantwortlicher gefunden: Die Jugendlichen sind faul, brauchen mehr „Bock auf...

mehr lesen
W wie Wehrpflicht

W wie Wehrpflicht

„Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen.“ So bereitete Kriegsminister Boris Pistorius schon bei seinem Amtsantritt die nun laufende Debatte über die Wiedereinführung genau dieser Wehrpflicht vor. Aber warum kommt diese Debatte  eigentlich gerade jetzt auf und...

mehr lesen