Offener Brief an die ehemaligen Mitglieder der Grünen Jugend

veröffentlicht am: 5 Okt, 2024

Liebe ehemalige Mitglieder der Grünen Jugend, liebes „Zeit für was Neues“,

mit eurem Entschluss, Bündis90/ die Grünen und die Grüne Jugend zu verlassen, habt ihr eine klare und mutige Entscheidung getroffen. Wir respektieren, dass ihr nicht länger bereit seid, eine Politik mitzutragen, die für Angriffe auf und Verschlechterungen für die werktätige Bevölkerung, für die arbeitende und lernende Jugend verantwortlich ist. Ihr sprecht zurecht von explodierenden Mieten, steigenden Lebensmittelpreise, dem Abbau sozialer Rechte und der Prekarisierung der Arbeit. Ihr prangert zurecht an, dass Krankenhauskonzerne auf dem Rücken der Beschäftigten und Patienten Gewinne machen, Energiekonzerne Milliardengeschäfte mit der Zerstörung unserer Umwelt betreiben und Rüstungskonzerne mit Krieg und dem Tod von Tausenden Rekordprofite einfahren. Ihr fordert zurecht, dass die Politik nicht länger über die Köpfe der Menschen hinweg gemacht werden darf und dass „die Wirtschaft endlich in den Dienst der Menschen“ gestellt werden muss. Etwas also, was mit dieser Regierung, mit eurer ehemaligen Partei und in diesem System, dem Kapitalismus, nicht möglich ist.

Die Ampel-Regierung und die Grünen in ihrer Position in Regierungsverantwortungen, haben gezeigt, dass das Gerede von den sozialen Fragen unserer Zeit nur Parolen in den Wahlkämpfen waren. Sie haben nicht den Anspruch Politik für uns Jugendliche, Politik für die Bevölkerung zu machen. Sie machen Politik im Interesse Banken und Konzerne. Sei es die Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf historische Höchstwerte, das sogenannte „Sondervermögen“ für die Bundeswehr oder die schrittweise Einführung der Wehrplicht, um diese Interessen auch mit Waffengewalt vertreten zu können. Oder sei es die Tatsache, dass Gelder in Rüstung und Aufrüstung fließen, während gleichzeitig im sozialen Bereich, bei der Bildung, an Freizeit- und Kulturangeboten gekürzt wird. Die Regierung schnürt Rettungspakete für Großkonzerne, die Milliardengewinne einstreichen, während gleichzeitig Ausbildungsplätze fehlen, Stellen abgebaut werden und uns Jugendlichen damit die Zukunftsperspektive entzogen wird.

Demokratische Rechte werden im Zuge von Überwachungsgesetzen und Polizeibefugnissen eingeschränkt und wenn sich Menschen gegen die Politik wehren, werden sie oft Opfer von Repressionen. Ihr habt also Recht, dass die Politik der Ampel nicht im Interesse der Menschen ist. All das steht in krassem Widerspruch zu den Interessen von großen Teilen der Bevölkerung und vor allem von uns arbeitender und lernender Jugend.

Dass ihr euch gegen diese Ungerechtigkeiten stellt, dass ihr dies nicht länger hinnehmt und eine Partei, die für Kriegskurs und Sozialabbau steht, nicht länger als politische Heimat seht, dass ihr euch real für die Arbeiterklasse einsetzen wollt, ist verständlich und ein zu begrüßender Schritt. Es ehrt euch, wenn eine der Grünen Chef-OpportunistInnen, Renate Künast, euch vorwirft, ihr wolltet „irgendwie so einen Klassensystem-Sozialismus aufbauen“ und beteuert, sie weine euch nicht nach. Damit ist sie andererseits auch ehrlicher als der Rest der Grünen-Parteibürokraten, die von konstruktiven Debatten und vom Nachvollziehen eurer Gründe faseln. Was es braucht, ist ein grundlegender Bruch mit dem bestehenden Wirtschaftssystem, ein Kampf, der den Kapitalismus selbst in Frage stellt. Dieser Kampf kann aus unserer Sicht nur der Kampf für den Sozialismus sein. Nur durch die Überwindung der Profitlogik, können wir eine Gesellschaft schaffen, in der die Bedürfnisse der Menschen und nicht die Interessen des Kapitals im Mittelpunkt stehen und in der die Menschen selbst über die Politik bestimmen können. Was es also braucht, ist Widerstand gegen die Kriegspolitik, gegen Kapitalinteressen, Widerstand gegen Sozial- und Demokratieabbau. Was es braucht, sind Kämpfe für ein Recht auf Ausbildung und Arbeit, für Frieden, für Bildung und letztlich für den Sozialismus. Es braucht keine Symbolpolitik, sondern reale Verbesserungen und auch dort können wir nicht stehen bleiben. Jede Form von Kompromiss mit dem bestehenden Wirtschaftssystem führt am Ende dazu, dass die Konzerne weiterhin die Profite einfahren und die Arbeiter*innen die Kosten tragen – ob in der Pflege, in der Energiewirtschaft, im Bildungsbereich oder sonst wo.

Wenn ihr es also ernst meint mit eurem Ziel, „den Druck zu organisieren, der nötig ist“, dann lasst uns gemeinsam kämpfen. Als sozialistische Jugendorganisation stehen wir bereit, mit euch gegen Militarisierung, Demokratieabbau und die wachsende soziale Ungleichheit zu kämpfen. Lasst uns zusammen mit den Arbeiterjugendlichen für ihre Interessen einstehen, wie wir es zum Beispiel schon in NRW bei den Protesten gegen die Polizei- und Versammlungsgesetze gemacht haben. Lasst uns gemeinsam die Interessen der Arbeiterjugendlichen verteidigen, ob an Schulen, in Betrieben oder an Universitäten. Lasst uns gemeinsam gegen die Wiedereinführung der Wehrplicht und die Kriegsertüchtigung der Jugend kämpfen, zum Beispiel im Rahmen des bundesweiten Bündnisses „Wir sagen nein zur Wehrpflicht!“. Lasst uns gemeinsam in ein Gespräch gehen, wo wir über Möglichkeiten zur Zusammenarbeit sprechen können, um dann den Herrschenden den Kampf anzusagen. Denn nur durch kollektive Kämpfe, durch Organisierung und durch die klare Zielsetzung einer Überwindung des Kapitalismus können wir die Krisen, von denen ihr in eurer Erklärung sprecht, wirksam bekämpfen.

In diesem Sinne: Auf eine gemeinsame, kämpferische Zukunft!

Mit solidarischen Grüßen,
Andrea, Marco & Simon
aus dem Bundesvorstand der SDAJ

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