Wessen Welt (POSITION #04/18)

veröffentlicht am: 28 Sep, 2018

Rechte Polizisten

Wer in Thüringen dem Ku-Klux-Klan beitreten möchte, muss nur zur nächsten Polizeiwache gehen. Zumindest fühlt es sich so an, wenn man sich etwas mehr mit dem NSU-Prozess auseinandersetzt. Doch nicht nur der NSU zeigt gewisse Verstrickungen zwischen PolizistInnen und Nazis auf. Neben dem besorgten Hutbürger des LKAs und dem Rosenheim Cop, gegen den wegen eines Hitlergrußes ermittelt wird, häufen sich die Berichte über Staatsdiener, die ihr Faschogehabe ausleben. So haben sich kürzlich SEK-Beamte mit dem Namen eines NSU-Terroristen in eine Polizei-Anwesenheitsliste eingetragen. Da wundert es einen nicht, dass bei Naziaufmärschen die Polizei ganz plötzlich überfordert ist oder die Organisatoren von Rechtsrockkonzerten händeschüttelnd begrüßt werden. Pervers wird es, wenn in einer Zelle dann ein Menschenleben nur aufgrund der Hautfarbe brutal ausgelöscht wird – wie mit Oury Jalloh geschehen –, Beweise vernichtet werden und die Stellung genutzt wird, um Ermittlungen zu verhindern. Dagegen sind die Aussagen mancher Spezialkräfte „endlich wieder Zecken klatschen“ zu dürfen auf fast jeder Demo z.B. in Bayern noch harmlos. Fakt ist: Auch wenn nicht jeder Polizist ein Nazi ist, so hat diese Institution und auch die Herrschenden kein Interesse daran, dieses Problem zu beseitigen.

 

Game Over für die Bundeswehr

Die Bundeswehr ist auf der Suche nach Kanonenfutter. Das ist nichts Neues. Sie tut es im Internet, sie tut es in Schulen, sie tut es vor dem Jobcenter und sie tut es auf der größten Videospielmesse der Welt. Und auch wenn sie es selbst so darstellt, als wolle sie zum Nachdenken anregen, fielen ihre Plakate „Multiplayer at its best“ und „Mehr Open World geht nicht“ kaum auf, zwischen den normalen Gamingplakaten. Wenn sie da steht, mit ihrem echten Panzerwagen, auf dem Kinder für Papas neues Hintergrundbild posieren und über die Karriere bei der Armee informiert, dann tut sie das nicht, um aufzuzeigen, dass „Frieden wirklich zählt“, sondern um junge Menschen, die von Shootern angetan sind, den Krieg um wirtschaftliche Interessen als ein Spiel zu verkaufen.

 

Verlogener Anti-CSU-Wahlkampf

„Wir werden die Koalition nicht aufs Spiel setzen“ wird immer wieder betont, wenn die SPD sich eingestehen muss, dass sie nur der Mehrheitsbeschaffer der Union ist. Aber in Bayern soll alles besser laufen. Da gibt sich die SPD als soziales Bollwerk und einzige Alternative, als Widersacher der CSU. Wenn diese Ausgabe der POSITION erscheint, werden wir noch nicht wissen, wie die Wahl in Bayern verlaufen ist, nur eines ist sicher: Der Wahlkampf gegen die CSU ist voller Wendungen. Gleich ob er von der SPD kommt, die Seehofer zum Bundesinnenminister machte oder von den Grünen, die von „Wir schließen eine Koalition nicht aus“ über „Nicht mit Söder“ zu „Warum nicht aber…“ öfter ihre Meinung ändern als wir unsere Unterwäsche.

 

Weg mit dem scheiß Paragraphen 219a!

Schon wieder stehen zwei Ärztinnen vor Gericht, weil Sie auf ihrer Internetseite über Abtreibungen informieren. Die beiden Kasslerinnen weigern sich, die Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen von ihrer Internetseite zu nehmen, auch wenn dadurch das Verfahren eingestellt werden würde. „Eine Frau darf zwar abtreiben, hat aber wenig Chancen, sich ausreichend darüber zu informieren“ so eine der beiden Ärztinnen. Begründet wird diese Absurdität damit, dass es sich bei den Informationen um Werbung handelt. Sachliche Information über Schwangerschaftsabbrüche wird so zu einer Art Geheimwissen, wie die Satirikerin Carolin Kebekus richtig erkannt hat. Weg mit der Kriminalisierung von Informationen! Weg mit diesem scheiß Paragraphen 219a!

 

Wenn Experten übers Wohnen reden

Der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministerium, in dem neben führenden Ökonomen der Herrschenden auch ganz zufällig Vertreter der Deutsche Bank und EZB sitzen, hat der Bundesregierung empfohlen, künftig keine Sozialwohnungen mehr zu bauen und die Mietpreisbremse abzuschaffen. Begründet haben sie es damit, dass Menschen, die in Sozialwohnungen leben, zwar am Anfang ein Anrecht darauf hätten, später aber meist genug verdienen, um sich höhere Mieten leisten zu können. Also Halt! Noch mal: Weil Menschen aus ihrer prekären Situation entkommen, sollen lieber gar keine Sozialwohnungen mehr gebaut werden. Und die Mietpreisbremse schaffen wir am besten auch gleich ab, weil die bringt ja eh nichts! Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss eines solchen Rates auf Gesetzgebungen und die Regierung. Dieses perverse Beispiel zeigt auf, wie viel Einfluss Konzerne und deren Ökonomen auf die Politik nehmen können – unabhängig davon, ob dem Rat nun Folge geleistet wird oder nicht. Wer will, kann auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums nachsehen, wer Mitglied in diesem Beirat ist.

Dieser Artikel erschien in
POSITION #4/2018
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