A wie Avantgarde
Marx und Engels beschreiben die Avantgarderolle der KommunistInnen bereits im Kommunistischen Manifest. Sie „sind … praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.“
Lenin hat diese Rolle später unter anderem in „Was tun?“ und seinen Ausarbeitungen zur „Partei neuen Typus“ konkretisiert. Die Aufgabe der KommunistInnen ist es die Arbeiterklasse zu ihrer historischen Mission als Totengräber des Kapitalismus zu befähigen – und später zum Aufbau, der Weiterentwicklung und Verteidigung des Sozialismus. Dazu braucht die Klasse Selbstbewusstsein, muss ihre Kraft, ihre Aufgabe und geschichtliche Rolle erkennen.
Keine Besserwisser
Viel ist gestritten worden, wie die KommunistInnen denn nun dieses Klassenbewusstsein in die Klasse hineintragen sollen. Sicher nicht allein mit klugen Vorträgen und dem Lehrbuch des Marxismus-Leninismus in der Hand. Unser Freund und Genosse Hans Heinz Holz hat das so formuliert: „Nicht das Besserwissen aufgrund der besseren Theorie und Weltanschauung macht den Avantgarde-Charakter aus, sondern das bessere und weiter schauende Kämpfen an der Alltagsfront. Weiterschauen die Kommunistin und der Kommunist aber, weil sie den Gesamtzusammenhang im Blick haben.“
Das Erkennen der Welt und ihrer Veränderbarkeit passiert in der konkreten Erfahrung, in der eigenen Betroffenheit von Ungerechtigkeit und Ausgrenzung einerseits und im Aufbegehren dagegen andererseits. In den Klassenkämpfen werden Freund und Feind sichtbar, die Kraft der Solidarität auf der einen wie die Unnachgiebigkeit der Unternehmer und des Staates als Verwalter der Kapitalinteressen auf der anderen Seite.
Theorie und Praxis
KommunistInnen sind Teil der Arbeiterklasse. Sie sind mitten drin in diesen Kämpfen, stoßen sie an, gehen voran, sind anerkannt und verlässlich. Sie „verschmelzen“, wie Lenin sagt, zu einem gewissen Grade mit den werktätigen Massen. Sie weisen beharrlich auf den Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit, die Eigentumsfrage und die Perspektive, den Sozialismus, der allein der Ungerechtigkeit ein Ende bereiten kann, hin. Sie ringen geduldig um die Verbreitung und schließlich Hegemonie ihrer Einsichten, ihrer Weltanschauung des wissenschaftlichen Sozialismus.
Dazu brauchen sie ihre Organisation, die Kommunistische Partei. Sie muss, so Holz, „in sich die Formen eines Parteilebens entwickeln, die diese Einheit von Erkenntnis, Haltung und Handeln hervorbringen. KommunistInnen können nur die kämpfende Avantgarde sein, wenn sie auch deren theoretische Avantgarde sind.“
Avantgarde-Partei DKP?
Patrik Köbele, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei in Deutschland, der DKP, meint, wer behaupte, die DKP erfülle heute ihre Aufgabe als Avantgarde der Arbeiterklasse habe schlechtes Zeug geraucht. Wenn sie aber aufhöre, den Anspruch an sich selbst zu stellen, diese Rolle wieder zu erlangen, höre sie auf Kommunistische Partei zu sein.
Die DKP hat den Kampf um diesen Anspruch aufgenommen. Das zeigt sich an ihrem Bemühen um Wiedererlangung der Verankerung in der Klasse unter anderem durch das Zusammenfassen von KommunistInnen und ihren Erfahrungen in Branchengruppen. So kämpfen KommunistInnen heute organisiert mit den Beschäftigten der Kliniken um mehr Personal. Es zeigt sich auch an der Reorganisation der Theorie- und Bildungsarbeit in den Grundorganisationen der Partei.
Das ist der richtige Weg, auf dem die KommunistInnen selbst, aber auch ihre Weggefährten, viel lernen können – in Theorie und Praxis.
Wera Richter
Wera ist seit fünf Jahren stellvertretende Vorsitzende der DKP und dort zuständig für den Bereich Organisationspolitik.
Buchhinweis (vgl. 6/17, S. 34):
Hans Heinz Holz: „Kommunisten heute – Die Partei und ihre Weltanschauung“, Edition Marxistische Blätter