Die Unternehmerseite greift das Tarifgefüge an, die Belegschaft wehrt sich
Bei einer Betriebsratssitzung der Firma Vossloh Locomotives freuen sich die kämpferischen Vertreter. Der Vorsitzende erklärt den etwas gequält dreinblickenden Vertretern der Geschäftsführung – diesmal als Gegenseite adressiert, wo man sich sonst als Partner sah – dass man sich über ihren Vorstoß gegen die 35-Stunden-Woche freue. Jetzt bekäme der Gegner so richtig Stress. Jetzt würden sie fighten. Den gleichen Geist spürte man auf einer Mitarbeiterversammlung des Betriebsrates im Schwesterwerk. Dort sprach der Betriebsratsvorsitzende vor der Belegschaft, es sei nötig, jetzt den Organisationsgrad zu erhöhen um gemeinsam den Kampf gegen die Erhöhung der Stundenzahl aufzunehmen. Ohne zu zögern traten zwanzig MitarbeiterInnen der IG Metall bei.
Damit sich Betriebsräte so was trauen, braucht es, wie uns Johnny aus dem Werk sagt, eine lange, ausdauernde Vorbereitung. „Die Leute haben über lange Jahre einfach das Zutrauen in sich selbst, den Betriebsrat und die Gewerkschaft verloren.“ sagt er, um zu schlußfolgern: „deswegen müssen wir uns jetzt an kleinen Aktionen versuchen, die das Selbstvertrauen wieder aufbauen“. Er schlägt vor: „An sich reichen wirklich billige Varianten: für einen geforderten Getränkeautomat eine Unterschriftenliste“. Da geht man dann weg und sagt sich, jo, ich hab was getan, ich kann was tun. Aber solche Aktionen sind zäh. Gerade wenn man zu wenige organisierte KollegInnen im Betrieb hat.
„Gegenüber der Gegenseite hat mir der Betriebsrat immer der Rücken frei gehalten.“ sagt Johnny. Aber bei den Kämpfen, die jetzt kommen und auf die sich die KollegInnen vorbereiten müssen, reicht das nicht. Der Angriff auf das Tarifgefüge muss flächendeckend abgewehrt werden. Hierbei brauchen wir dann die Organisation in allen Abteilungen des Betriebes. „Wenn man sich da als junger Aktiver im Betrieb anhören muss, dass der Betriebsratsvorsitzende nicht mehr alleine in die Abteilung geht, dann ist das sehr unhilfreich.“
Johnny arbeitet in dem Betrieb seit dem Beginn seiner Ausbildung. Beinahe alleine macht er die JAV, und arbeitet auf unzähligen Ebenen in der Gewerkschaft. In der relativ kleinen Bude ist es, so erzählt er uns, noch möglich mit jedem einzelnen ins Gespräch zu kommen. Genau das müssen wir auch tun, sagt Johnny und erlärt: „Mir hören die KollegInnen schon zu, wenn ich was sage, und sie nehmen mich auch ernst. Immer wieder sagen sie mir: „Sag denen da oben mal,was hier los ist!“ Und er antwortet dann: „Sicher, da könnt ihr schwer von ausgehen, aber so lange ihr nicht selber, immer wieder, mit vier, fünf, sieben, zehn KollegInnen vor der Geschäftsführung für eure Interessen steht, können wir da auch nicht viel machen.“
Kurt, Hamburg