Aufstand im Urlaubsparadies
Panusaya Sithijirawattanakul, die hagere Soziologiestudentin aus Bangkok, beweist Mut – auf einem LKW stehend, führt sie wortgewaltig die Demonstration am 20. September 2020 hin zum Palast an. In der buddhistischen Monarchie unter der Herrschaft einer gewaltvollen Junta des 2014 an die Macht geputschten Ex-Generals Prayuth Chan-ocha stehen auf Kritik an der Monarchie drakonische Strafen. Es ist die Wut der Verzweiflung, die an diesem Tag Tausende junge AkademikerInnen unter den brachialen Rufen „Nieder mit dem Feudalismus“ auf die Straßen der Metropole treibt. Dies wird als Beginn des Aufbruches in die jüngste Geschichte des Landes eingehen: es markierte die größte Demonstration seit Jahren, stellte den Höhepunkt der seit Februar laufenden und nach der Corona-bedingten Zwangspause seit Juni wiederkehrenden kreativen Aktionen dar. Die Forderungen der Bewegung zeugen von politischem, wirtschaftlichem wie demokratischem Veränderungsbedarf – eine Revolution hin zu einer bürgerlichen Demokratie liegt in der Luft. Gründe zum Aufstand gibt ausreichend: Korruption, Scheinwahlen, das Abtreibungsrecht, Repression, explodierende Kosten im Militär, miserable ArbeiterInnenrechte, die grassierende Armut sowie der opulente Lebensstil des Monarchen.
Thailändischer König Ludwig
Rama X. goutierte seit 2014 zwei Militärregierungen und regiert ein Land, dass durch staatliche Gewalteskapaden geprägt ist und in den letzten 90 Jahren rund 20 politische Putsche erlebt hat. Der sich selbst als gottgleich ansehende Adlige verbringt seine Zeit in der Bundesrepublik. Während Thailand durch Krisen geschüttelt wird, gelangte der König in das Visier des deutschen Fiskus – sein ererbtes Vermögen (ca. 40 Mrd. Dollar) versteuerte der Monarch in der Bundesrepublik nicht – der deutsche Staat lässt den Klassengenossen jedoch nicht fallen. Wie im bayrischen Landtag bekannt wurde, wird die Causa „aus diplomatischen und außenpolitischen Gründen gesondert behandelt“ (Finanzminister Füracker). Unterdessen wurde in Thailand bekannt, dass der ausgebildete Pilot rund 38 Flugzeuge und Hubschrauber besitzt – allein deren Unterhalt die thailändische Arbeiterklasse Millionen kostet.
Niedergang und Aufbruch
Schon vor dem Ausbruch der Pandemie fluteten nach dem Vorbild der vom Imperialismus geschaffenen Bewegungen in Taiwan oder Hongkong die jungen ThailänderInnen die Straßen. Getrieben vor dem Sturz ins Bodenlose, dem Anstieg an Suiziden sowie den ökonomischen Auswirkungen der Pandemie, brandet die Rebellion wieder auf. Die thailändische Nationalbank befürchtet einen massiven Rückgang der zweitgrößten Nationalökonomie in Südostasien (ca. 8 Prozent) – bei nur rund 5000 Baht (136 Euro) Sozialhilfe eine Prognose mit Sprengkraft. In der Folge der Pandemie brach der Tourismus zusammen, das infrastrukturelle Drehkreuz Bangkok erlahmte und der Umsatz der zuliefernden Industrie brach ein – kurzum: ein Aufstieg hin zum Tigerstaat misslang. Bislang sucht man jedoch die Arbeiterklasse vergeblich, maßgeblich sind die Manifestationen durch studentische AktivistInnen gekennzeichnet. Resümee: der Monarch im Ausland, die Politik unfähig, die wirtschaftliche Lage desaströs, das Volk in der Rebellion – es ist Zeit, die Legalisierung der thailändischen KP auf die Tagesordnung zu setzen und die Monarchie zu entsorgen. Der erste Schritt ist getan, dutzende Schachzüge müssen folgen.
Luca, Frankfurt
Dieser Artikel erschin in der aktuellen Position, dem Magazin der SDAJ.