Fünf Monate nach einem verhinderten Naziaufmarsch in der Stadtmitte Friedbergs werden nun nicht etwa die Faschisten belangt, sondern es sind die AntifaschistInnen, die von Repressionen und Einschüchterungen durch die hessische Polizei und Justiz betroffen sind. Zu den Opfern der staatlichen Verfolgung gehört auch Nico P., ein junger Genosse der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und aktiver Gewerkschafter. Gegen ihn läuft aufgrund seiner Beteiligung an der antifaschistischen Blockade in Friedberg ein Verfahren. Die Anklage lautet auf »Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte«.
Nach Ansicht der hessischen SDAJ verfolgt diese Anklage, den friedlichen und erfolgreichen antifaschistischen Widerstand vom 7. November 2009 zu kriminalisieren. »Die Anklage gegen unseren Genossen reiht sich somit ein in die zunehmenden Repressionen und Einschüchterungsversuche gegen AntifaschistInnen in der gesamten Bundesrepublik. Sie sollen darüber hinwegtäuschen, dass es in Deutschland eine breite Masse von Menschen gibt, die sich den Nazis entschlossen und erfolgreich in den Weg stellen können. Die Kriminalisierung der antifaschistischen Bewegung in der Bundesrepublik verdeckt auch die Tatsache, dass es die AntifaschistInnen sind, die das Grundgesetz gegen die Nazis verteidigen und nicht die Staatsgewalt. Denn nach dem Grundgesetz hätten faschistische Aufmärsche und ihre Initiatoren schon längst nicht mehr möglich sein können«, schreibt der Jugendverband in einer Pressemitteilung.
Im vergangenen November hatten sich mehr als 2000 AntifaschistInnen rund 100 Nazis in Friedberg erfolgreich in den Weg gestellt. Das große Wetterauer Bündnis gegen Rechts, das aus knapp 80 Gruppen, Vereinen, Parteien, den Kirchen und Einzelpersonen besteht, setzte in der Blockade auf »Masse und Entschlossenheit« und konnte die Nazis dadurch daran hindern, mitten durch die Stadt zu marschieren. Die Polizei ermöglichte den Nazis allerdings eine Ersatzroute und kesselte die antifaschistische Blockade ein, nahm die Personalien der NazigegnerInnen auf und fing an, die Blockade mit Gewalt zu räumen. Auch Nico P. war von dieser Räumaktion betroffen. Nachdem er sich an seinen MitdemonstrantInnen festhielt, um nicht aus der Blockade gerissen zu werden, schlug die Polizei auf ihn ein und entfernte ihn aus der Menschenkette.
Durch diese und ähnliche Räumaktionen ermöglichte es die Polizei den Nazis am 7.November, unter großem Polizeischutz am Stadtrand zu marschieren und ihre menschenverachtende, faschistische Ideologie zu verbreiten. »Nico P. und die anderen 2000 AntifaschistInnen zeigten einen enormen Mut und große Entschlossenheit und konnten dadurch immerhin verhindern, dass die Nazis mitten durch Friedberg marschierten. Sie zeigten Zivilcourage, indem sie sich den Nazis friedlich und gewaltfrei in den Weg stellten. Trotzdem waren sie es, die von Polizeigewalt betroffen waren, und nicht etwa der Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, oder der vorbestrafte Nazi Mario Matthes. Letztere konnten unter großem Polizeischutz in Friedberg marschieren«, kritisiert die SDAJ.
Am Donnerstag, 15. April, soll nun die Gerichtsverhandlung gegen Nico P. stattfinden. »Wir bitten möglichst viele AntifaschistInnen an dem Prozess teilzunehmen und Nico zu unterstützen«, so die SDAJ. »Wir fordern Polizei und Justiz auf: Repressionen und Einschüchterungsversuche gegen AntifaschistInnen sofort zu beenden und die Anklage gegen unseren Genossen Nico P. fallen zu lassen sowie sich an das Grundgesetz zu halten und faschistische Organisationen und Aufmärsche sofort zu verbieten!«
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